21.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil15.03.2013

Kirchen­ge­setzliche Regelungen von "Jehovas Zeugen in Deutschland KdöR" über Eingliederung örtlicher Vereine in die Körperschaft unwirksamRegelungen lässt sich nicht entnehmen, dass die Körperschaft Gesamt­rechts­nach­folgerin des Vereins sein soll

Die von der Körperschaft des öffentlichen Rechts "Jehovas Zeugen in Deutschland" erlassene kirchen­ge­setzliche Regelung über die Eingliederung der örtlichen Vereine in die Körperschaft ist unwirksam. Insbesondere fehlt es an der erforderlichen Klarheit der Regelungen. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall verletzte sich im Oktober 2003 eine Versi­che­rungs­nehmerin der Klägerin in dem damals im Eigentum des Beklagten stehenden "Königreichssaal" schwer. Die Klägerin verlangt deshalb von ihm aus übergegangenem Recht Schadensersatz wegen einer Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht.

Religi­o­ns­rechtlich selbständige Gliederungen verfügen über keine eigene Rechts­per­sön­lichkeit

Der Beklagte ist eine örtliche Untergliederung des deutschen Zweigs der Glaubens­ge­mein­schaft Jehovas Zeugen. Der deutsche Zweig der Glaubens­ge­mein­schaft war ursprünglich als "Jehovas Zeugen in Deutschland e.V." organisiert, der Beklagte als "Jehovas Zeugen, Versammlung Ö. e.V.". Am 13. Juni 2006 wurden dem Verein "Jehovas Zeugen in Deutschland e.V." vom Land Berlin die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen. Diese erließ am 8. Juli 2006 ein Übergangsgesetz, in dem geregelt ist, dass die bestehenden Versammlungen mit der Verleihung der Körper­schafts­rechte religi­o­ns­rechtlich selbständige Unter­glie­de­rungen des öffentlichen Rechts sind, deren Eigentum ihnen zugeordnet bleibt und von ihnen verwaltet wird. Später stellte sie in § 5 Abs. 4 Status­rechts­gesetz in der Fassung vom 27. Mai 2009 klar, dass die religi­o­ns­rechtlich selbständigen Gliederungen grundsätzlich nicht über eine eigene Rechts­per­sön­lichkeit im staatlichen Recht verfügen. Am 12. Dezember 2007 löschte das Amtsgericht den Beklagten aus dem Vereinsregister.

OLG verweist Klage als unzulässig

Im Dezember 2010 hat die Klägerin gegen den Verein "Jehovas Zeugen, Versammlung Ö. e.V." Klage erhoben. Die Klage war vor dem Landgericht erfolgreich. Das Oberlan­des­gericht hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage als unzulässig abgewiesen, da der beklagte Verein im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr existiert habe.

BGH: Verein existiert rechtlich noch

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Der u.a. für kirchen­rechtliche Verhältnisse zuständige V. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, dass der beklagte Verein rechtlich noch existiert und daher verklagt werden kann. Das von der Körperschaft des öffentlichen Rechts "Jehovas Zeugen in Deutschland" erlassene Kirchengesetz hat mangels hinreichender Klarheit dessen rechtliche Existenz nicht beendet.

Eigenständige rechtliche Existenz ist nicht beendet

Zwar kann eine Religionsgemeinschaft, die den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erlangt hat, in Ausübung ihres Selbst­be­stim­mungs­rechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 WRV) in ihrer Gründungsphase durch Kirchengesetz einen zu der Gemeinschaft gehörenden privatrechtlich organisierten Verein in die Körperschaft eingliedern und damit dessen eigenständige rechtliche Existenz beenden. Dies erfordert jedoch ein - im Amtsblatt der Religi­o­ns­ge­mein­schaft zu veröf­fent­li­chendes - hinreichend klares Gesetz der Körperschaft, in welchem Gesamtrechtsnachfolge angeordnet, der einzugliedernde Verein benannt und der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Eingliederung eindeutig geregelt ist. Zudem muss sich der Verein der Regelungs­be­fugnis der Religi­o­ns­ge­mein­schaft hinsichtlich einer Eingliederung und einer damit verbundenen Vermö­gens­über­tragung unterworfen haben.

Das von der Körperschaft des öffentlichen Rechts "Jehovas Zeugen in Deutschland" erlassene Gesetz genügt diesen Anforderungen nicht, insbesondere fehlt es an der erforderlichen Klarheit der Regelungen. Diesen lässt sich nicht hinreichend deutlich entnehmen, dass die Körperschaft Gesamt­rechts­nach­folgerin des Vereines sein soll. Die eigenständige rechtliche Existenz des Beklagten ist daher nicht beendet.

Der Senat hat die Sache an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen. Dieses hat nun über die Berechtigung der von der Klägerin geltend gemachten Schaden­s­er­satz­ansprüche zu entscheiden.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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