18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil12.03.2014

Keine Beleh­rungs­pflicht des Versicherers bei Arglist des Versicherungs­nehmersVersicherer kann bei arglistiger Täuschung durch Vertragsnehmer auch bei nicht ausreichender Belehrung vom Versicherungs­vertrag zurücktreten

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass der Versicherer, selbst wenn er über die möglichen Folgen von Falschangaben nicht ausreichend belehrt hat, zum Rücktritt vom Versicherungs­vertrag berechtigt ist, wenn der Versi­che­rungs­nehmer oder der für ihn handelnde Makler arglistig falsche Angaben im Antrag gemacht hat.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens, der zuvor mit einem Versicherungsvermittler einen Maklervertrag geschlossen hatte, stellte im Jahr 2010 bei dem beklagten Versicherer einen Antrag auf Abschluss einer Kranken- und Pflege­ver­si­cherung. Dort waren die Fragen nach Krankheiten und Beschwerden unvollständig und die nach psycho­the­ra­peu­tischen Behandlungen nicht beantwortet. In der Folge erhielt die Beklagte ein weiteres Antragsformular, in dem diese Fragen mit "nein" beantwortet wurden. Die Beklagte stellte hierauf einen Versi­che­rungs­schein aus. Mit Schreiben vom 22. September 2011 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag, weil der Kläger ihr verschiedene erhebliche Erkrankungen verschwiegen hatte. Später erklärte sie noch die Anfechtung ihrer Vertrags­er­klärung wegen arglistiger Täuschung. Die auf Feststellung gerichtete Klage, dass der Vertrag weder durch Rücktritt noch durch Anfechtung beendet ist, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Nach Auffassung des Berufungs­ge­richts ist die Beklagte wirksam vom Vertrag zurückgetreten.

BGH: Versicherer war zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass der Versicherer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt ist. Der arglistig handelnde Versicherungsnehmer kann sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der Pflicht des Versicherers, ihn über die Folgen einer Anzei­ge­pflicht­ver­letzung zu belehren, berufen. Der Versicherer kann im Falle einer arglistigen Täuschung durch den Versi­che­rungs­nehmer mithin auch dann vom Vertrag zurücktreten, wenn er den Versi­che­rungs­nehmer im Antragsformular entgegen den Anforderungen des § 19 Absatz 5 Versi­che­rungs­ver­trags­gesetz nicht oder nicht ausreichend belehrt hat. Entscheidend hierfür ist, dass die Beleh­rungs­pflichten zum Schutz des Versi­che­rungs­nehmers angeordnet sind, der arglistig handelnde Versi­che­rungs­nehmer aber nicht gleichermaßen schutzwürdig ist. Der Versi­che­rungs­nehmer kann sich ferner auch nicht darauf berufen, er habe gegenüber dem von ihm eingeschalteten Versi­che­rungs­makler wahrheitsgemäße Angaben gemacht. Vielmehr muss er sich nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats grundsätzlich das arglistige Verhalten des Maklers zurechnen lassen. Einer der Ausnahmefälle, in denen eine derartige Zurechnung nicht in Betracht kommt, lag im Streitfall nach den für das Revisi­ons­ver­fahren bindenden Feststellungen des Berufungs­ge­richts nicht vor.

§ 19 Versi­che­rungs­ver­trags­gesetz (VVG)

Erläuterungen
(1) Der Versi­che­rungs­nehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertrags­er­klärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. [...]

(2) Verletzt der Versi­che­rungs­nehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.

[...]

(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versi­che­rungs­nehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzei­ge­pflicht­ver­letzung hingewiesen hat. [...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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