03.12.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 13702

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Urteil27.06.2012BundesgerichtshofIV ZR 239/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 193, 369Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 193, Seite: 369
  • DNotZ 2012, 782Deutsche Notar-Zeitschrift (DNotZ), Jahrgang: 2012, Seite: 782
  • FuR 2012, 564Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2012, Seite: 564
  • JR 2013, 299Zeitschrift: Juristische Rundschau (JR), Jahrgang: 2013, Seite: 299
  • JuS 2013, 75Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 75
  • JZ 2012, 603Zeitschrift: JuristenZeitung (JZ), Jahrgang: 2012, Seite: 603
  • MDR 2012, 1099Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 1099
  • NJW 2012, 3097Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 3097
  • WM 2013, 892Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2013, Seite: 892
  • ZErb 2012, 238Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis (ZErb), Jahrgang: 2012, Seite: 238
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Augsburg, Urteil15.06.2007, 9 O 477/06
  • Oberlandesgericht München, Urteil13.10.2010, 27 U 419/07
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil27.06.2012

Enkelkind kann auch bei Pflichtteils­verzicht des Kindes des Erblassers pflichtteils­berechtigt seinBGH entscheidet über Pflichtteils­berechtigung eines Abkömmlings trotz Pflichtteils­verzicht des näheren Abkömmlings

Pflichtteils­ansprüche eines Enkelkindes werden nicht durch letztwillige oder lebzeitige Zuwendungen des Erblassers geschmälert, die dieser seinem trotz Erb- und Pflichtteils­verzichts testamentarisch zum Alleinerben bestimmten Kind zukommen lässt, wenn Kind und Enkelkind demselben Stamm gesetzlicher Erben angehören und allein dieser Stamm bedacht wird.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist die Tochter der Beklagten. Sie macht Pflicht­teils­ansprüche nach deren im Jahr 2005 verstorbenem Vater (Erblasser) geltend.

Tochter verzichtet für sich selbst, nicht aber für ihre Kinder auf gesetzliches Erb- und Pflicht­teilsrecht

Der Erblasser und die Mutter der Beklagten errichteten im Jahr 1987 ein notarielles gemein­schaft­liches Testament, in dem sie sich gegenseitig zum alleinigen und ausschließ­lichen Erben und ihre Enkelkinder zu Schlusserben einsetzten. Dem Überlebenden des Erstvers­ter­benden wurde das Recht vorbehalten, aus dem Kreis der gemein­schaft­lichen Abkömmlinge oder deren Abkömmlinge abweichende Schlusserben zu bestimmen. Am selben Tag verzichtete die Beklagte ihren Eltern gegenüber allein für ihre Person, nicht aber für ihre Abkömmlinge, auf ihr gesetzliches Erb- und Pflicht­teilsrecht.

Erblasser setzt Tochter zu alleinigen und ausschließ­lichen Erbin ein

Nach dem Tod seiner Ehefrau setzte der Erblasser im Jahr 2000 seine Tochter (Beklagte) mit notariellem Testament zu seiner alleinigen und ausschließ­lichen Erbin ein. Er ernannte seine Enkelin (Klägerin) zur Ersatzerbin. Die Parteien sind die einzigen Abkömmlinge des Erblassers und seiner vorverstorbenen Ehefrau.

Klägerin verlangt Auskunft über Bestand des Nachlasses und Zahlung von 85.000 Euro

Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Zahlung in Höhe von 85.000 Euro nebst Zinsen sowie Auskunft über den Bestand des Nachlasses und Einholung eines Werter­mitt­lungs­gut­achtens bezüglich dem Nachlass zugehörigen Grundvermögens. Die Parteien streiten darüber, ob § 2309 BGB* einer Pflicht­teils­be­rech­tigung der Klägerin entgegensteht.

Enkelin ist Pflicht­teils­be­rechtigt

Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurück­ver­weisung an das Berufungs­gericht. Die Klägerin ist pflicht­teils­be­rechtigt, auch wenn die Beklagte der nähere und als solcher grundsätzlich vorrangige Abkömmling des Erblassers ist. Jedoch gilt sie infolge ihres Erb- und Pflicht­teils­ver­zichts gemäß § 2346 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB** als vorverstorben. An ihrer Stelle ist ihre Tochter, die Klägerin, in die gesetzliche Erb- und Pflicht­teilsfolge eingerückt. Ihre Position als gesetzliche Erbin ihres Großvaters wurde der Klägerin durch dessen Testament aber wieder entzogen. Der Erblasser war durch den Erbverzicht nicht daran gehindert, die Beklagte als Erbin einzusetzen.

Das Berufungs­gericht hat zu Unrecht in der Annahme des testamentarisch zugewendeten Erbes eine auf den Pflicht­teils­an­spruch anzurechnende Entgegennahme eines der Beklagten "Hinterlassenen" i.S. vom § 2309 Alt. 2 BGB gesehen.

Gesetzgebers zweimalige Gewährung des Pflichtteils für demselben Stamm verhindern

Wie eine Betrachtung der Entste­hungs­ge­schichte der Vorschriften zum Pflichtteil und zum Erbverzicht ergibt, war es erklärtes Ziel des Gesetzgebers zu verhindern, dass demselben Stamm zweimal ein Pflichtteil gewährt würde, und eine Pflicht­teils­ver­viel­fäl­tigung zu Lasten des Nachlasses auszuschließen. Mit dem Wortlaut des § 2309 BGB ist der Gesetzgeber auch für den Fall des verzichts­be­dingten Aufrückens eines entfernteren Abkömmlings in die gesetzliche Erb- und Pflicht­teilsfolge nicht von dem Prinzip abgekehrt, Doppel­be­güns­ti­gungen des Stammes des ausgeschiedenen, grundsätzlich vorrangigen Berechtigten sowie Verviel­fäl­ti­gungen der auf dem Nachlass liegenden Pflicht­teilslast auszuschließen.

Gefahr der Verviel­fäl­tigung der Pflicht­teilslast hier nicht gegeben

Von diesem Normzweck wird die Erbfolge nach dem Vater bzw. Großvater der Parteien nicht erfasst. Gehören der trotz Erb-und Pflicht­teils­ver­zichts zum gewillkürten Alleinerben bestimmte nähere Abkömmling und der entferntere Pflicht­teils­be­rechtige dem einzigen Stamm gesetzlicher Erben an, berühren die Zuwendungen nur das Innenverhältnis dieses Stammes. Bleiben solche Zuwendungen - hier die testa­men­ta­rische Erbeinsetzung der Beklagten - bei der Geltendmachung von Pflicht­teils­ansprüchen unberück­sichtigt, droht dem Nachlass keine Verviel­fäl­tigung der Pflicht­teilslast, wie sie § 2309 BGB gerade vermeiden will.

*§ 2309 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Pflicht­teilsrecht der Eltern und entfernteren Abkömmlinge

Entferntere Abkömmlinge und die Eltern des Erblassers sind insoweit nicht pflicht­teils­be­rechtigt, als ein Abkömmling, der sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge ausschließen würde, den Pflichtteil verlangen kann oder das ihm Hinterlassene annimmt.

**§ 2346 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Wirkung des Erbverzichts, Beschrän­kungs­mög­lichkeit

Erläuterungen

Verwandte sowie der Ehegatte des Erblassers können durch Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtende ist von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte; er hat kein Pflicht­teilsrecht.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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