21.11.2024
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Dokument-Nr. 27976

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Bundesgerichtshof Urteil17.10.2019

Verkauf von Backwaren in Bäcke­rei­fi­lialen mit Cafébetrieb an Sonntagen zulässigKombinierte Bäckerei-Verkaufsstelle mit Café ist als Gaststätte anzusehen

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass der Verkauf von Backwaren in Bäcke­rei­fi­lialen mit Cafébetrieb an Sonntagen auch außerhalb der Laden­schluss­zeiten zulässig ist.

Die Beklagte des zugrunde liegenden Streitfalls stellt Brot-, Back- und Konditoreiwaren her und vertreibt diese in ihren Filialen in München. Sie veräußerte in zwei Filialen an Sonntagen über einen Zeitraum von jeweils mehr als drei Stunden Brote und unbelegte Brötchen. In einer anderen Bäckerei-Verkaufsstelle wurden an einem Pfingstmontag eine Brezel, unbelegte Brötchen sowie ein Laib Brot verkauft.

Wettbe­wer­bs­zentrale rügt Verstoß gegen Laden­schluss­gesetz

Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, war der Auffassung, dass die Beklagte damit gemäß § 3 a UWG unlauter gehandelt habe, weil sie gegen § 3 Satz 1 Nr. 1 des Laden­schluss­ge­setzes sowie § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 der Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen verstoßen habe. Sie nahm die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.

Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Sonntags­verkäufe nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststät­ten­ge­setzes erlaubt

Der Bundes­ge­richtshof wies die Revision der Klägerin zurück. Das Berufungs­gericht hat hinsichtlich des Verkaufs in der Bäckerei-Verkaufsstelle am Pfingstmontag zu Recht angenommen, dass die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin schon nicht dargetan habe, dass die Beklagte die Verkaufsstelle selbst betreibt oder von einem Beauftragten betreiben lässt und somit für diesen Verkauf verantwortlich ist. Hinsichtlich des Sonntags­verkaufs von Backwaren in den beiden von der Beklagten betriebenen Filialen hat der Bundes­ge­richtshof die Beurteilung des Berufungs­ge­richts gebilligt, diese Verkäufe seien nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststät­ten­ge­setzes erlaubt gewesen.

Betrieb einer Bäckerei-Verkaufsstelle neben einem Café steht Anwendung des Gaststät­ten­rechts nicht entgegen

Bei diesen Filialen handelt es sich um Gaststät­ten­gewerbe im Sinne von § 1 Abs. 1 des Gaststät­ten­ge­setzes, weil die Beklagte dort auch Cafés betreibt, in denen sie Getränke und Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht. Der Anwendung des Gaststät­ten­rechts steht nicht entgegen, dass die Beklagte innerhalb desselben Raums neben einem Café eine Bäckerei-Verkaufsstelle betreibt. Desgleichen kommt es nicht darauf an, dass sie die Speisen und Getränke im Café zur Selbstbedienung bereitstellt.

Im Café verkaufte Waren durften außerhalb der gaststät­ten­recht­lichen Sperrzeiten und ohne Bindung an den Ladenschluss im Straßenverkauf abgegeben werden

Die von der Beklagten im Café verabreichten Brötchen und Brote dürfen nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststät­ten­ge­setzes außerhalb der gaststät­ten­recht­lichen Sperrzeiten und ohne Bindung an die gesetzlichen Bestimmungen über den Ladenschluss im Straßenverkauf abgegeben werden. Nach der vom Berufungs­gericht rechts­feh­lerfrei festgestellten Verkehrs­an­schauung handelt es sich bei Brötchen und Broten um zubereitete Speisen, also um - durch den Backvorgang - essfertig gemachte Lebensmittel. Diese werden in den Cafés der Beklagten verabreicht. Dass die Beklagte das Brot im Café in geschnittener Form anbietet, im Straßenverkauf aber ganze Brotlaibe veräußert, und die Gäste des Cafés die Brötchen und die Brotscheiben selbst bestreichen oder belegen, ändert an dieser Beurteilung nichts. Da die Zulässigkeit eines Straßenverkaufs nicht voraussetzt, dass die Speisen in der Gaststätte zubereitet worden sind, kommt es ferner nicht darauf an, wo die Brötchen und Brote gebacken wurden. Eine zulässige Abgabe zum alsbaldigen Verzehr liegt zwar nur vor, wenn der Betreiber der Gaststätte annehmen darf, dass die abgegebenen Waren im Wesentlichen zum sofortigen Verbrauch erworben werden. Davon durfte die Beklagte aber im Blick auf Art und Menge der bei den beanstandeten Verkäufen abgegebenen Backwaren ausgehen.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 3 a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Markt­teil­nehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 3 Satz 1 Nr. 1 LadSchIG

Verkaufsstellen müssen zu folgenden Zeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein:

1. an Sonn- und Feiertagen,

[...]

§ 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SonntVerkV

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein für die Abgabe

[...]

2. von Bäcker- oder Konditorwaren:

Verkaufsstellen von Betrieben, die Bäcker- oder Konditorwaren herstellen, für die Dauer von drei Stunden,

[...]

(2) Absatz 1 Nr. 1 bis 3 gilt nicht für die Abgabe am 2. Weihnachts-, Oster- und Pfingstfeiertag.

§ 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG

(2) Der Schank- oder Speisewirt darf außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch

1.Getränke und zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreicht,

[...]

an jedermann über die Straße abgeben.

§ 1 Abs. 1 GastG

(1) Ein Gaststät­ten­gewerbe im Sinne dieses Gesetzes betreibt, wer im stehenden Gewerbe

1. Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Schank­wirt­schaft) oder

2. zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Speise­wirt­schaft),

[...]

wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online (pm/kg)

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