18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil16.04.2015

BGH zur Zulässigkeit der Übernahme von kurzen Musiksequenzen als Hintergrund-Loops für Rap-StückeGericht darf nicht ohne Hilfe von Sachver­ständigen über urheber­rechtliche Fragen entscheiden

Der Bundes­ge­richtshof hat ein Urteil des Oberlan­des­ge­richts Hamburg aufgehoben, mit dem das Gericht ein Verbot der Verbreitung von Aufnahmen des Rappers "B." wegen der Verwendung von Musikstücken einer französischen Musikgruppe bejaht hatte. Der Bundes­ge­richtshof verwies darauf, dass das Oberlan­des­gericht nicht ohne Hilfe eines vom Gericht beauftragten Sachver­ständigen hätte annehmen dürfen, dass die kurzen Musiksequenzen über ein routinemäßiges Schaffen hinausgehen und die Voraussetzungen urheber­recht­lichen Schutzes erfüllen. Das Oberlan­des­gericht muss über die Urheber­rechtsfrage nun erneut entscheiden.

Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens sind nach ihrer Darstellung Mitglieder der französischen Gothic-Band "Dark S.", die in den Jahren 1999 bis 2004 mehrere Musikalben veröffentlicht hat. Der Beklagte tritt als Rapper unter dem Künstlernamen "B." auf. Die Kläger behaupten, der Beklagte habe bei 13 der von ihm veröffentlichen Rapstücke Musikabschnitte von durch­schnittlich zehn Sekunden verwendet, die aus den Origi­na­l­auf­nahmen der Gruppe "Dark S." ohne Verwendung des jeweiligen Textes elektronisch kopiert ("gesampelt") worden seien. Diese Abschnitte habe der Beklagte jeweils als sich ständig wiederholende Tonschleife ("Loop") verwendet, mit einem Schlagzeug-Beat verbunden und darüber seinen Sprechgesang (Rap) aufgenommen. Die Kläger sehen darin eine Verletzung ihrer Urheberrechte. Der Kläger zu 1 macht insoweit Rechte als Komponist, die übrigen Kläger jeweils Rechte als Textdichter geltend. Sie haben den Beklagten unter anderem auf Unterlassung und Zahlung einer Entschädigung für einen erlittenen immateriellen Schaden in Anspruch genommen.

Vorinstanzen bejahen Verletzung der Urheberrechte

Das Landgericht Hamburg hat der Klage weitgehend stattgegeben. Das Oberlan­des­gericht Hamburg hat die Berufung des Beklagten überwiegend zurückgewiesen. Es hat aufgrund des eigenen Höreindrucks und unter teilweiser Heranziehung des Inhalts von Sachver­stän­di­gen­gut­achten der Streitparteien die urheber­rechtliche Schutzfähigkeit der streit­ge­gen­ständ­lichen Musikpassagen bejaht und angenommen, dass durch eine Verwendung dieser Ausschnitte in Musiktiteln des Beklagten in die Urheberrechte der Kläger eingegriffen worden sei. Mit der vom Oberlan­des­gericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Ursprüngliche Verbindung zwischen Text und Musik ist urheber­rechtlich nicht geschützt

Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben. Die von den Mitgliedern der Gruppe "Dark S." erhobene Klage, die sich allein auf ihre Urheberrechte als Textdichter gestützt hatte, wurde abgewiesen. Da der Beklagte nur Teile der Musik, nicht aber auch den Text von Stücken der Gruppe übernommen hat, liegt insoweit kein urheber­rechtlich relevanter Eingriff vor. Die ursprüngliche Verbindung zwischen Text und Musik ist urheber­rechtlich nicht geschützt. Im Hinblick auf die Klage des Komponisten der Gruppe hat der Bundes­ge­richtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen. Die vom Oberlan­des­gericht bislang getroffenen Feststellungen tragen nicht seine Annahme, dass die nach dem Vortrag des Klägers zu 1 vom Beklagten übernommenen Teile der von ihm komponierten Musikstücke urheber­rechtlich geschützt sind. Es ist nicht ersichtlich, durch welche objektiven Merkmale die für einen urheber­recht­lichen Schutz erforderliche schöpferische Eigen­tüm­lichkeit der übernommenen Sequenzen aus den vom Kläger komponierten Musikstücken bestimmt wird. Das Oberlan­des­gericht hätte nicht ohne Hilfe eines vom Gericht beauftragten Sachver­ständigen annehmen dürfen, dass die kurzen Musiksequenzen über ein routinemäßiges Schaffen hinausgehen und die Voraussetzungen urheber­recht­lichen Schutzes erfüllen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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