18.10.2024
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Bundesfinanzhof Beschluss25.11.2014

Kern­brenn­stoff­steuer: Kein vorläufiger Rechtsschutz für Kern­kraft­werks­betreiberGeltungs­an­spruch des Gesetzes ist Vorrang einzuräumen

Der Bundesfinanzhof hat einen auf Zweifel an der Ver­fassungs­mäßig­keit und Unions­rechts­konformität der Kern­brenn­stoff­steuer gestützten Antrag eines Kern­kraft­werks­betreibers auf Aufhebung der Vollziehung einer Steueranmeldung nach dem Kern­brenn­stoff­steuergesetz abgelehnt.

Mit Wirkung vom 1. Januar 2011 wurde in der Bundesrepublik Deutschland eine Steuer auf zur gewerblichen Stromerzeugung verwendete Kernbrennstoffe eingeführt. Die Steuer entsteht, wenn in einen Kernreaktor Brennelemente eingesetzt werden, die eine Kettenreaktion auslösen. Schuldner der Steuer sind die Betreiber von Kernkraftwerken. Diese haben sich in mehreren Fällen gegen die Zahlung der Steuer gerichtlich zur Wehr gesetzt.

Finanzgericht legt verfassungs- und unions­rechtliche Fragen dem BVerfG und dem EuGH vor

Das Finanzgericht Hamburg hat die insoweit streitigen verfas­sungs­recht­lichen und unions­recht­lichen Fragen dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht bzw. dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. Mit seiner Vorlage an das Bundes­ver­fas­sungs­gericht vertritt das Finanzgericht die Auffassung, dem Bund habe für die Einführung der Steuer die Gesetz­ge­bungs­kom­petenz gefehlt, denn es handele sich bei der Kernbrennstoffsteuer nicht um eine besondere Verbrauchsteuer, weil sie nicht auf Weitergabe der steuerlichen Belastung an den Strom­ver­braucher angelegt sei. Sein Vorab­ent­schei­dungs­er­suchen an den Gerichtshof der Europäischen Union hat das Finanzgericht insbesondere damit begründet, das geltende Unionsrecht stehe der Einführung einer nationalen Steuer auf zur Stromerzeugung verwendete Kernbrennstoffe entgegen.

Finanzgericht gewährt Kraft­werks­be­treibern vorläufigen Rechtsschutz

Unter Hinweis auf seine Vorlagen an das Bundes­ver­fas­sungs­gericht und den Gerichtshof der Europäischen Union und die dort beschriebenen rechtlichen Zweifel hat das Finanzgericht den Kraft­werks­be­treibern vorläufigen Rechtsschutz mit der Folge gewährt, dass die Steuer einstweilen bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zu entrichten ist. Gegen diese Entscheidung haben die für die Steuererhebung zuständigen Hauptzollämter Beschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Interesse des Staates an geordneten Haushalts­führung muss berücksichtigt werden

Im Beschwer­de­ver­fahren ist der Bundesfinanzhof davon ausgegangen, trotz der Vorla­ge­be­schlüsse des Finanzgerichts weder an dessen Rechts­auf­fassung gebunden noch an einer Inter­es­sen­s­ab­wägung gehindert zu sein. Vielmehr hat er die angefochtenen Beschlüsse aufgehoben und die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Dabei hat er die Frage nach der Steuerart der Kernbrenn­stoff­steuer, der Gesetz­ge­bungs­kom­petenz des Bundes und der Unions­rechts­kon­formität ausdrücklich offengelassen. Ausschlaggebend für seine Entscheidung war vielmehr die Erwägung, dass eine Aufhebung der Vollziehung in ihren praktischen Auswirkungen dem zeitweiligen Außer­kraft­setzen des Kernbrenn­stoff­steu­er­ge­setzes gleichkäme. Dies könne nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts nur unter Beachtung strenger Voraussetzungen geschehen, die im Streitfall nicht vorlägen. Gegenüber dem Interesse der Kraft­werks­be­treiber, die Steuer vorläufig nicht zahlen zu müssen, sei dem Geltungs­an­spruch des Gesetzes der Vorrang einzuräumen. Darüber hinaus sei das Interesse des Staates an einer geordneten Haushalts­führung zu berücksichtigen. Im Fall der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes würden dem Bundeshaushalt zumindest zeitweise jährlich ca. 1,3 Mrd. Euro entzogen.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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