21.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil25.04.2018

Überg­angs­re­gelung zum Mindestlohn für Zeitungs­zu­steller verfas­sungsgemäßBei dauerhafter Zeitungs­zu­stellung in Nachtarbeit besteht Anspruch auf Nacht­arbeits­zuschlag in Höhe 30 %

Das Bundes­arbeits­gericht hat entschieden, dass die Überg­angs­re­gelung des § 24 Abs. 2 MiLoG, die für Zeitungs­zustellerinnen und Zeitungs­zu­steller einen bis zum 31. Dezember 2015 auf 75 %, ab dem 1. Januar bis zum 31. Dezember 2016 auf 85 % herabgesetzten und für das Jahr 2017 auf 8,50 Euro festgesetzten gesetzlichen Mindestlohn vorgesehen hat, verfas­sungsgemäß ist und insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Erfolgt die Zeitungs­zu­stellung dauerhaft in Nachtarbeit im Sinne des Arbeits­zeit­ge­setzes, haben Zeitungs­zustellerinnen und Zeitungs­zu­steller Anspruch auf einen Nacht­arbeits­zuschlag in Höhe von 30 % des ihnen je Arbeitsstunde zustehenden Mindestlohns, sofern nicht eine höhere Vergütung vereinbart ist.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist seit 2013 bei der Beklagten als Zeitungs­zu­stellerin beschäftigt. Sie arbeitet mehr als zwei Stunden ausschließlich zur Nachtzeit und stellt die Zeitungen bis spätestens 6 Uhr morgens zu. Arbeits­ver­traglich vereinbart sind eine Vergütung auf Stücklohnbasis und ein Nacht­a­r­beits­zu­schlag von 25 % auf den Stücklohn. Tatsächlich zahlte die Beklagte seit dem 1. Januar 2015 den geminderten Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 MiLoG*. Die Klägerin machte geltend, dass § 24 Abs. 2 MiLoG gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße und deshalb unwirksam sei. Mit ihrer Klage verlangte sie für den Zeitraum Januar 2015 bis April 2016 die Differenz zum vollen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Stunde (§ 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG) und einen höheren Nacht­a­r­beits­zu­schlag verlangt. Dieser müsse nach § 6 Abs. 5 ArbZG** auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns berechnet werden und wegen Dauer­nacht­arbeit 30 % betragen.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Arbeitsgericht wies die Klage im Wesentlichen ab. Das Landes­a­r­beits­gericht nahm an, dass § 24 Abs. 2 MiLoG nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, so dass die Klägerin in den streit­ge­gen­ständ­lichen Jahren 2015 und 2016 nur den geminderten Mindestlohn von 6,38 Euro brutto (2015) bzw. 7,23 Euro brutto (2016) beanspruchen konnte. Darauf sei für Nachtarbeit ein Zuschlag von 25 % zu zahlen. Es sprach der Klägerin insgesamt 236,24 Euro brutto nebst Zinsen als weiteren Nacht­a­r­beits­zu­schlag zu und wies die Klage im Übrigen ab. Dagegen legten beide Parteien Revision ein.

BAG bejaht Anspruch auf Zuschlag von 30 % für Dauer­nacht­arbeit und weist Revision im Übrigen zurück

Die Revision der Beklagten, die einen Nacht­a­r­beits­zu­schlag von 10 % auf den Mindestlohn für Zeitungs­zu­stel­le­rinnen und Zeitungszusteller für angemessen hält, war vor dem Bundes­a­r­beits­gericht erfolglos. Denn die Klägerin habe auf der Grundlage des § 6 Abs. 5 ArbZG wegen ihrer Dauer­nacht­arbeit Anspruch auf einen Zuschlag von 30 % des ihr zustehenden Brutto­a­r­beits­entgelts. Insoweit war die Revision der Klägerin erfolgreich. Im Übrigen wies das Bundes­a­r­beits­gericht jedoch die Revision der Klägerin zurück. Diese habe im Streitzeitraum nur Anspruch auf den abgesenkten Mindestlohn. § 24 Abs. 2 MiLoG verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber habe die ihm bei zeitlich begrenzten Überg­angs­vor­schriften vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht eingeräumte besondere Gestal­tungs­freiheit mit der auf drei Jahre begrenzten Sonderregelung des Mindestlohns für Zeitungs­zu­stel­le­rinnen und Zeitungs­zu­steller nicht überschritten.

* § 24 Abs. 2 MiLoG lautet:

Zeitungs­zu­stel­le­rinnen und Zeitungs­zu­steller haben ab dem 1. Januar 2015 einen Anspruch auf 75 Prozent und ab dem 1. Januar 2016 auf 85 Prozent des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 Satz 1. Vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 beträgt der Mindestlohn für Zeitungs­zu­stel­le­rinnen und Zeitungs­zu­steller brutto 8,50 Euro je Zeitstunde. Zeitungs­zu­stel­le­rinnen und Zeitungs­zu­steller im Sinne der Sätze 1 und 2 sind Personen, die in einem Arbeits­ver­hältnis ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zustellerinnen und Zusteller von Anzei­gen­blättern mit redaktionellem Inhalt.

** § 6 Abs. 5 ArbZG lautet:

Soweit keine tarif­ver­trag­lichen Ausgleichs­re­ge­lungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nacht­a­r­beit­nehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Brutto­a­r­beits­entgelt zu gewähren.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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