21.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil27.07.2017

BAG zur Verwendung von Keylogger zur Überwachung von ArbeitnehmernDurch Keylogger gewonnene Erkenntnisse nicht verwertbar

Besteht kein auf den Arbeitnehmer bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflicht­ver­letzung, dann ist der Einsatz eines Software-Keyloggers, mit dem alle Tasta­tu­r­eingaben an einen dienstlichen Computer für eine verdeckte Überwachung und Kontrolle des Arbeitnehmers aufgezeichnet werden, nach § 32 Abs. 1 BDSG* unzulässig. Dies hat das Bundes­a­r­beits­gericht nunmehr in seiner Entscheidung bekanntgegeben.

Im hier zu entscheidenden Fall war der Kläger bei der Beklagten seit 2011 als „Web-Entwickler“ beschäftigt. Im Zusammenhang mit der Freigabe eines Netzwerks teilte die Beklagte ihren Arbeitnehmern im April 2015 mit, dass der gesamte „Internet-Traffic“ und die Benutzung ihrer Systeme „mitgeloggt“ werde. Sie installierte auf dem Dienst-PC des Klägers eine Software, die sämtliche Tasta­tu­r­eingaben protokollierte und regelmäßig Bildschirmfotos (Screenshots) fertigte.

Privat­tä­tig­keiten im erheblichen Umfang durch Keylogger erfasst

Nach Auswertung der mit Hilfe dieses Keyloggers erstellten Dateien fand ein Gespräch mit dem Kläger statt. In diesem räumte er ein, seinen Dienst-PC während der Arbeitszeit privat genutzt zu haben. Auf schriftliche Nachfrage gab er an, nur in geringem Umfang und in der Regel in seinen Pausen ein Computerspiel programmiert und E-Mail-Verkehr für die Firma seines Vaters abgewickelt zu haben. Die Beklagte, die nach dem vom Keylogger erfassten Datenmaterial davon ausgehen konnte, der Kläger habe in erheblichem Umfang Privat­tä­tig­keiten am Arbeitsplatz erledigt, kündigte das Arbeits­ver­hältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich.

Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts durch Keylogger-Einsatz

Die Vorinstanzen haben der dagegen gerichteten Kündi­gungs­schutzklage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht keinen Erfolg. Die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse über die Privat­tä­tig­keiten des Klägers dürfen im gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden. Die Beklagte hat durch dessen Einsatz das als Teil des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts gewährleistete Recht des Klägers auf informationelle Selbst­be­stimmung (Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt. Die Infor­ma­ti­o­ns­ge­winnung war nicht nach § 32 Abs. 1 BDSG zulässig. Die Beklagte hatte beim Einsatz der Software gegenüber dem Kläger keinen auf Tatsachen beruhenden Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflicht­ver­letzung. Die von ihr „ins Blaue hinein“ veranlasste Maßnahme war daher unver­hält­nismäßig. Hinsichtlich der vom Kläger eingeräumten Privatnutzung hat das Landes­a­r­beits­gericht ohne Rechtsfehler angenommen, diese rechtfertige die Kündigungen mangels vorheriger Abmahnung nicht.

Erläuterungen

*§ 32 Abs. 1 BDSG lautet:

(1) Perso­nen­be­zogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses oder nach Begründung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen perso­nen­be­zogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unver­hält­nismäßig sind.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ ra-online

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