21.11.2024
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Dokument-Nr. 23264

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Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil07.12.2015

Video­über­wachung ergibt Zufallsfund: Fristlose Kündigung einer Kassiererin wegen fingierter PfandrücknahmeAuswertung der Video­auf­zeichnung ohne Beisein des Betriebsrats führt nicht zwingend zu Beweis­verwertungs­verbot

Ergibt eine Video­über­wachung zufällig, dass eine Kassiererin eine Pfandrücknahme mehrerer Pfandflaschen fingiert hat, so kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Wird die Video­auf­zeichnung ausgewertet, ohne dass der Betriebsrat anwesend ist und somit gegen eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat verstoßen wird, so führt dies dann nicht zu einem Beweis­verwertungs­verbot, wenn der Betriebsrat der Verwertung der Aufnahme und die darauf gestützte Kündigung zustimmt und die Beweis­ver­wertung nach den allgemeinen Grundsätzen gerechtfertigt ist. Dies hat das Landes­arbeits­gericht Düsseldorf entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Mit Einverständnis des Betriebsrats führte eine Super­ma­rkt­be­treiberin im Dezember 2013 eine verdeckte Videoüberwachung durch. Hintergrund dessen waren erhebliche Inven­tur­verluste, die auf einen Diebstahl durch Mitarbeiter hindeuteten. Der Betriebsrat stimmte der Maßnahme nur unter der Bedingung zu, dass die Auswertung der Aufnahmen im Beisein des Betriebsrats vorgenommen werde. Bei der Auswertung einer Videosequenz wurde zufällig entdeckt, dass die stell­ver­tretende Filialleiterin, die zugleich als Kassiererin tätig war, eine Pfandrücknahme von 13 Einwegflaschen fingiert hatte, um sich dadurch einen Pfandbetrag in Höhe von 3,25 EUR auszuzahlen. Zwar war der Betriebsrat bei der Auswertung nicht anwesend gewesen, dennoch stimmte er der fristlosen Kündigung der Mitarbeiterin zu. Der daraufhin von ihr erhobenen Kündi­gungs­schutzklage gab das Arbeitsgericht Duisburg statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Super­ma­rkt­be­treiberin.

Wirksame fristlose Kündigung aufgrund schwerwiegender Pflicht­ver­letzung

Das Landes­a­r­beits­gericht Düsseldorf entschied zu Gunsten der Super­ma­rkt­be­treiberin und hob somit die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf. Die fristlose Kündigung sei wirksam gewesen. Erstelle ein Kassierer, der mit der Wahrung der Vermö­gen­s­in­teressen des Arbeitgebers betraut sei, einen falschen Pfandbon, um sich das Pfandgeld rechtswidrig anzueignen, verletze er in besonders gravierender Weise seine vertraglichen Pflichten. Ein solches Verhalten beinhalte ein besonderes Maß an krimineller Energie.

Kein Beweis­ver­wer­tungs­verbot aufgrund Verstoßes gegen Vereinbarung

Nach Ansicht des Landes­a­r­beits­ge­richts sei die Video­auf­zeichnung verwertbar gewesen. Der Verstoß gegen die Vereinbarung mit dem Betriebsrat, nur in dessen Beisein die Aufnahmen zu verwerten, sei unerheblich gewesen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Betriebsrat der Verwendung als Beweismittel und der darauf gestützten Kündigung zugestimmt habe und die Beweis­ver­wertung nach den allgemeinen Grundsätzen gerechtfertigt sei. So habe der Fall hier gelegen.

Beweis­ver­wertung nach allgemeinen Grundsätzen gerechtfertigt

Die Beweis­ver­wertung sei nach allgemeinen Grundsätzen gerechtfertigt gewesen, so das Landes­a­r­beits­gericht. Eingriffe in das Recht des Arbeitnehmers am eigenen Bild durch heimliche Video­über­wachung und die Verwertung der Aufzeichnungen sei zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers bestehe, wenige einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft seien, die verdeckte Video­über­wachung damit das einzig verbleibende Mittel darstelle und sie insgesamt nicht unver­hält­nismäßig sei. Dies sei hier der Fall gewesen.

Keine Unver­wert­barkeit der Video­auf­zeichnung aufgrund "Zufallsfunds"

Nach Ansicht des Landes­a­r­beits­ge­richts sei die Video­auf­zeichnung nicht unverwertbar gewesen, weil es sich um einen "Zufallsfund" gehandelt habe. Denn das Beweisinteresse der Super­ma­rkt­be­treiberin sei höher zu bewerten gewesen als das Interesse der Mitarbeiterin an der Achtung ihres allgemeinen Persön­lich­keits­rechts. Dies sei zu bejahen gewesen, da das mittels der Video­über­wachung zu beweisende Verhalten eine schwerwiegende Pflicht­ver­letzung zum Gegenstand hatte.

Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, ra-online (vt/rb)

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