Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Mit Einverständnis des Betriebsrats führte eine Supermarktbetreiberin im Dezember 2013 eine verdeckte Videoüberwachung durch. Hintergrund dessen waren erhebliche Inventurverluste, die auf einen Diebstahl durch Mitarbeiter hindeuteten. Der Betriebsrat stimmte der Maßnahme nur unter der Bedingung zu, dass die Auswertung der Aufnahmen im Beisein des Betriebsrats vorgenommen werde. Bei der Auswertung einer Videosequenz wurde zufällig entdeckt, dass die stellvertretende Filialleiterin, die zugleich als Kassiererin tätig war, eine Pfandrücknahme von 13 Einwegflaschen fingiert hatte, um sich dadurch einen Pfandbetrag in Höhe von 3,25 EUR auszuzahlen. Zwar war der Betriebsrat bei der Auswertung nicht anwesend gewesen, dennoch stimmte er der fristlosen Kündigung der Mitarbeiterin zu. Der daraufhin von ihr erhobenen Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht Duisburg statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Supermarktbetreiberin.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied zu Gunsten der Supermarktbetreiberin und hob somit die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf. Die fristlose Kündigung sei wirksam gewesen. Erstelle ein Kassierer, der mit der Wahrung der Vermögensinteressen des Arbeitgebers betraut sei, einen falschen Pfandbon, um sich das Pfandgeld rechtswidrig anzueignen, verletze er in besonders gravierender Weise seine vertraglichen Pflichten. Ein solches Verhalten beinhalte ein besonderes Maß an krimineller Energie.
Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts sei die Videoaufzeichnung verwertbar gewesen. Der Verstoß gegen die Vereinbarung mit dem Betriebsrat, nur in dessen Beisein die Aufnahmen zu verwerten, sei unerheblich gewesen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Betriebsrat der Verwendung als Beweismittel und der darauf gestützten Kündigung zugestimmt habe und die Beweisverwertung nach den allgemeinen Grundsätzen gerechtfertigt sei. So habe der Fall hier gelegen.
Die Beweisverwertung sei nach allgemeinen Grundsätzen gerechtfertigt gewesen, so das Landesarbeitsgericht. Eingriffe in das Recht des Arbeitnehmers am eigenen Bild durch heimliche Videoüberwachung und die Verwertung der Aufzeichnungen sei zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers bestehe, wenige einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft seien, die verdeckte Videoüberwachung damit das einzig verbleibende Mittel darstelle und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig sei. Dies sei hier der Fall gewesen.
Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts sei die Videoaufzeichnung nicht unverwertbar gewesen, weil es sich um einen "Zufallsfund" gehandelt habe. Denn das Beweisinteresse der Supermarktbetreiberin sei höher zu bewerten gewesen als das Interesse der Mitarbeiterin an der Achtung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dies sei zu bejahen gewesen, da das mittels der Videoüberwachung zu beweisende Verhalten eine schwerwiegende Pflichtverletzung zum Gegenstand hatte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.10.2016
Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, ra-online (vt/rb)