21.11.2024
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Arbeitsgericht Frankfurt am Main Urteil27.01.2016

Keine Verwertung einer Video­auf­zeichnung aufgrund Unverhältnis­mäßig­keit der heimlichen und anlasslosen Video­über­wachung am ArbeitsplatzBeweisinteresse des Arbeitgebers tritt hinter allgemeines Persönlich­keits­recht des Arbeitnehmers

Zeigt eine Videoaufnahme die Entnahme von Geld aus einem Tresor durch einen Arbeitnehmer, so ist die Aufzeichnung in einem Zivilprozess nicht verwertbar, wenn die Video­über­wachung heimlich sowie anlasslos geschah und somit unver­hält­nismäßig ist. Eine solche Maßnahme ist nicht durch § 32 Abs. 1 des Bundes­daten­schutz­gesetzes (BDSG) gedeckt. In diesem Fall tritt das Beweisinteresse des Arbeitgebers hinter dem allgemeinen Persönlich­keits­recht des Arbeitnehmers zurück. Dies hat das Arbeitsgericht Frankfurt a.M. entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2015 erhielt eine Verwal­tungs­an­ge­stellte eines Unter­hal­tungs­elek­tro­ni­k­un­ter­nehmens eine fristlose Kündigung. Hintergrund dessen war, dass die Auswertung einer Video­auf­zeichnung ergeben habe, dass die Mitarbeiterin aus einem Tresor in ihrem Büro 500 EUR entnommen habe. Die Mitarbeiterin verfügte, wie sämtliche Verwal­tungs­an­ge­stellte, Zugriff auf den Tresorschlüssel. Der Arbeitsplatz wurde videoüberwacht, ohne dass die Mitarbeiterin davon wusste. Sie erhob gegen die Kündigung Klage.

Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung

Das Arbeitsgericht Frankfurt a.M. entschied zu Gunsten der Arbeitnehmerin. Die fristlose Kündigung sei unwirksam gewesen, da die Arbeitgeberin nicht habe nachweisen können, dass die Arbeitnehmerin die 500 EUR aus dem Tresor entnommen habe. Die Verwertung der Video­auf­zeichnung sei wegen des Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz unzulässig gewesen.

Video­über­wachung nicht durch Sonderregelung des § 32 Abs. 1 Satz BDSG gedeckt

Die heimliche Videoüberwachung des Arbeitsplatzes sei nach Auffassung des Arbeitsgerichts nicht durch das Bundes­da­ten­schutz­gesetz gedeckt gewesen. Die Sonderregelung des § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG sei nicht einschlägig, da dadurch eine Video­über­wachung nur bei einem konkretem Verdacht einer Straftat zulässig ist. Die Vorschrift diene dem repressiven Nachweis einer begangenen Straftat. Ein solcher Fall habe hier nicht vorgelegen. Die Arbeitgeberin habe zum Zeitpunkt der Video­auf­zeichnung gegenüber der Arbeitnehmerin oder anderen Beschäftigten keinen Verdacht von Straftaten. Die Video­über­wachung habe allein präventiven Zwecken gedient.

Keine Zulässigkeit der Video­auf­zeichnung durch § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG

Die Video­auf­zeichnung sei zudem nicht durch § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zulässig gewesen, so das Arbeitsgericht. Denn bei der Anwendung der Vorschrift müsse der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Dies sei hier nicht beachtet worden. Zwar sei die Video­über­wachung geeignet gewesen, Geldbeträge in dem Tresor zu schützen. Allerdings sei sie nicht erforderlich gewesen. Denn die Arbeitgeberin habe zum Beispiel den Kreis der Zugangs- bzw. Schlüs­sel­be­rech­tigten eingrenzen können. Sie habe ferner ein Kassenbuch führen können, aus dem sich ergebe, welche Barbeträge sich in dem Tresor befinden. Schließlich habe sie das Öffnen des Tresors nach dem Vier-Augen-Prinzip durch einen hierfür geeigneten Tresor ermöglichen können.

Verstoß gegen Bundes­da­ten­schutz­gesetz führte zu Beweis­ver­wer­tungs­verbot

Nach Ansicht des Arbeitsgerichts habe sich aus dem Verstoß gegen das Bundes­da­ten­schutz­gesetz ein Beweisverwertungsverbot ergeben. Zwar sei der Arbeitgeberin ein Beweisinteresse anzuerkennen gewesen. Jedoch sei das allgemeine Persön­lich­keitsrecht der Arbeitnehmerin angesichts dessen, dass die Video­über­wachung heimlich und anlasslos durchgeführt wurde, höher zu bewerten gewesen. Die Arbeitgeberin habe nicht erläutern können, welche genauen Interessen sie mit der Maßnahme verfolgt habe.

Quelle: Arbeitsgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)

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