15.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 15727

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Urteil25.04.2013Bundesarbeitsgericht2 AZR 579/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BB 2013, 2292Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 2013, Seite: 2292
  • DStR 2013, 1840Zeitschrift: Deutsches Steuerrecht (DStR), Jahrgang: 2013, Seite: 1840
  • jM 2014, 109 (Jacob Joussen)juris - Die Monatszeitschrift (jM), Jahrgang: 2014, Seite: 109, Entscheidungsbesprechung von Jacob Joussen
  • MDR 2013, 1286Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 1286
  • NJW 2014, 104Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 104
  • NZA 2013, 1131Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2013, Seite: 1131
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Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil09.03.2012, 12 Sa 55/11
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil25.04.2013

Kündigung wegen Kirche­n­aus­tritts gerechtfertigtKirchenaustritt stellt Verstoß gegen arbeits­ver­tragliche Loyalitäts­obliegenheiten dar

Der Austritt eines Mitarbeiters einer von einem katholischen Caritasverband getragenen Kinder­betreuungs­stätte aus der katholischen Kirche kann die Kündigung des Arbeits­verhält­nisses rechtfertigen. Dies entschied das Bundes­arbeitsgericht.

Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religi­o­ns­ge­sell­schaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze selbst. Dieses Recht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten karitativen Einrichtungen zu. Es ermöglicht ihnen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst auch im Rahmen privatrechtlich begründeter Arbeits­ver­hältnisse entsprechend ihrem Selbst­ver­ständnis zu regeln. Nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeits­ver­hältnisse von 1993 ist der Austritt aus der katholischen Kirche ein schwerwiegender Loyali­täts­verstoß, der eine Weiter­be­schäf­tigung des Mitarbeiters nicht zulässt. Im Kündi­gungs­schutz­prozess haben die Arbeitsgerichte zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer - etwa auf Glaubens- und Gewis­sens­freiheit - und dem Selbst­be­stim­mungsrecht der Religi­o­ns­ge­sell­schaft abzuwägen.

Kläger tritt aufgrund der zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen aus der Kirche aus

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls, ein seit 1992 beim beklagten Caritasverband beschäftigter Sozialpädagoge, arbeitete in einem sozialen Zentrum, in dem Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut werden. Die Religi­o­ns­zu­ge­hö­rigkeit der Kinder ist ohne Bedeutung. Religiöse Inhalte werden nicht vermittelt. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Gegenüber dem Beklagten nannte er als Beweggründe die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die "Piusbru­der­schaft" und die Karfrei­tags­li­turgie, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete.

Glaubens- und Gewis­sens­freiheit des Klägers muss hinter das Selbst­be­stim­mungsrecht des beklagten Caritas­ver­brands zurücktreten

Das Bundes­a­r­beits­gericht hat - wie die Vorinstanzen - die Klage des Sozialpädagogen gegen seine auf seinen Austritt aus der katholischen Kirche gestützte Kündigung ab. Der Kläger hat durch seinen Austritt gegen seine arbeits­ver­trag­lichen Loyali­täts­ob­lie­gen­heiten verstoßen. Aufgrund dessen war es dem Beklagten nicht zumutbar, ihn als Sozialpädagogen weiter zu beschäftigen. Nach dem kirchlichen Selbst­ver­ständnis leistete der Kläger unmittelbar "Dienst am Menschen" und nahm damit am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teil. Ihm fehlt infolge seines Kirche­n­aus­tritts nach dem Glaubens­ver­ständnis des Beklagten die Eignung für eine Weiter­be­schäf­tigung im Rahmen der Dienst­ge­mein­schaft. Zwar hat auch die Glaubens- und Gewis­sens­freiheit des Klägers ein hohes Gewicht. Sie musste aber hier hinter das Selbst­be­stim­mungsrecht des Beklagten zurücktreten. Dieser kann im vorliegenden Fall von den staatlichen Gerichten nicht gezwungen werden, im verkün­di­gungsnahen Bereich einen Mitarbeiter weiter zu beschäftigen, der nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyali­täts­an­for­de­rungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich insgesamt von der katholischen Glaubens­ge­mein­schaft losgesagt hat. Beschäf­ti­gungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht. Für Sozialpädagogen gibt es zudem auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäf­ti­gungs­mög­lich­keiten.

BAG verneint Diskriminierung

Der Kläger wird durch die Kündigung nicht iSv. § 1, § 7 AGG diskriminiert. Die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 AGG gerechtfertigt. Eine entschei­dungs­er­hebliche Frage der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 stellte sich angesichts der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit nicht.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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