Dokument-Nr. 14310
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- ZMR 2009, 298Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2009, Seite: 298
- Kinderlärm berechtigt nicht zur MietminderungLandgericht München I, Urteil24.02.2005, 31 S 20796/04
- Mieter müssen Kinderlärm aus Nachbarwohnung duldenAmtsgericht Oberhausen, Urteil10.04.2001, 32 C 608/00
- Kinderlärm: Nachbarn im hellhörigen Mietshaus dürfen nicht allzu lärmempfindlich seinOberlandesgericht Düsseldorf, Urteil29.01.1997, 9 U 218/96
Amtsgericht Hamburg-Bergedorf Urteil11.11.2008
Kinderlärm berechtigt nicht zur Mietminderung und stellt keinen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darKinderlärm ist dem Kleinkinddasein immanent und deshalb sozialadäquat
Dringt Kinderlärm bis zu einer Zeit bis 22 Uhr aus der benachbarten Wohnung, so stellt dies keinen zur Mietminderung berechtigten Grund dar. Der beeinträchtigte Mieter kann auch nicht fristlos das Mietverhältnis kündigen. Dies hat das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall minderten die Mieter eines Mehrfamilienhauses wegen Kinderlärms bis 22 Uhr ihre Miete. Auch bemängelten sie das nächtliche Weinen und Schreien der Kinder. Die Mieter kündigten darüber hinaus außerordentlich das Mietverhältnis. Der Vermieter wies die Kündigung zurück und begehrte Zahlung des rückständigen Mietzinses.
Mietzinsanspruch bestand
Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf gab dem Vermieter recht. Ein Recht zur Minderung und fristlosen Kündigung bestand nicht. Kinderlärm ist sozialadäquat und deswegen von den Mitbewohnern eines Mehrfamilienhauses hinzunehmen. Zwar gilt ein Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Aber bei Kindern ist zu berücksichtigen, dass sie einen Spiel- und Bewegungsdrang haben, der häufig mit Geräuschentwicklungen einhergehen. Bei Kleinkindern war nach Ansicht des Amtsgerichts in besonderem Maße deren unzureichende Fähigkeit zu beachten, verantwortungsbewusst zu agieren, also auch den Bewegungsdrang und die Lärmentwicklung zu zügeln und auf Nachbarn Rücksicht zu nehmen. Eine solche Fähigkeit wächst erst mit dem Alter heran.
Überempfindlichkeit der Mieter unbeachtlich
Das Amtsgericht führte weiter aus, dass während einer normalen Tageszeit, also vor 22 Uhr, der Mieter eines Mehrfamilienhauses ohnehin verpflichtet ist, einen gewissen Geräuschpegel hinzunehmen, denn Wohnen ist als solches mit Lärm verbunden. Kein Mieter hat einen Anspruch darauf, keinerlei Geräusche aus der Nachbarwohnung hören zu können. Eine gesteigerte Empfindlichkeit der Mieter begründet jedenfalls keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung.
Weinen und Schrein in der Nacht waren hinzunehmen
Auch ein Weinen oder Schreien der Kleinkinder in der Nacht stellte nach Auffassung des Amtsgerichts keinen wichtigen Grund dar. Dass kleine Kinder nachts aufwachen, weinen und schreien ohne sofort von den Eltern beruhig werden zu können, ist Teil der natürlichen Entwicklung eines Kindes. Ein Kleinkind kann nicht ohne weiteres sofort mitteilen, was ihm fehlt, sondern drückt dies durch Weinen und Schreien aus. Dies ist dem Kleinkinddasein immanent und daher sozialadäquat. Es wäre menschlich schrecklich, so dass Amtsgericht weiter, wollte man Kleinkindern verbieten, nachts zu schreien oder zu weinen, wenn das Kind schmerzen hat oder sonst aus unerklärlichen Gründen zu diesen Lebensäußerungen gelangt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.10.2012
Quelle: Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, ra-online (vt/rb)
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