Dokument-Nr. 20707
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- GE 2015, 257Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2015, Seite: 257
- Fristlose Kündigung einer psychisch erkrankten Mieterin: Unwirksamkeit der Kündigung aufgrund durch Räumung bedingte Gefahr der Selbsttötung bzw. SelbstgefährdungBundesgerichtshof, Urteil08.12.2004, VIII ZR 218/03
- Ordentliche Kündigung eines psychisch erkrankten Mieters bei bestehender Gesundheitsgefährdung der Mitmieter und Vorliegen von Sachschäden zulässigAmtsgericht Neukölln, Urteil26.06.2014, 7 C 95/14
Amtsgericht Berlin-Tempelhof-Kreuzberg Urteil12.09.2014
Monatelange Lärmbelästigungen tagsüber und nachts rechtfertigen fristlose Kündigung eines psychisch kranken MietersFortsetzung des Mietverhältnisses trotz zu fordernder erhöhter Toleranzbereitschaft unzumutbar
Geht von einem psychisch kranken Mieter über Monate hinweg sowohl tagsüber als auch nachts eine Lärmbelästigung aus, darf der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen. Zwar ist gegenüber einem psychisch kranken Mieter eine erhöhte Toleranzbereitschaft zu fordern, dennoch ist die Fortsetzung des Mietverhältnisses angesichts der mit der häufigen Störung der Nachtruhe einhergehenden Gesundheitsbeeinträchtigung unzumutbar. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Von einer psychisch labilen und unter Betreuung stehenden Mieterin gingen über Monate hinweg sowohl tagsüber als auch nachts erhebliche Lärmbelästigungen aus. So kam es mit Besuchern der Mieterin zu ständigen lautstarken und körperlichen Auseinandersetzungen. Zudem wurde häufig aus der Wohnung der Mieterin Geschrei und Geheule vernommen. Mehrmals musste die Polizei gerufen werden. Die Vermieterin kündigte aufgrund der Vorfälle nach erfolgloser Abmahnung das Mietverhältnis im September 2013 fristlos. Da die Mieterin die Kündigung nicht anerkannte, kam der Fall vor Gericht.
Fristlose Kündigung aufgrund dauerhafter Störung des Hausfriedens wirksam
Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg entschied zu Gunsten der Vermieterin. Die fristlose Kündigung sei wirksam gewesen. Denn die monatelange ständige Lärmbelästigung tagsüber und in der Nacht habe eine unzumutbare und dauerhafte Störung des Hausfriedens im Sinne des § 569 Abs. 2 BGB dargestellt. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang gewesen, dass die Mieterin aufgrund ihrer Erkrankung schuldunfähig war (vgl. AG Lichtenberg, Urt. v. 25.03.2014 - 6 C 425/13 -, AG Spandau, Urt. v. 07.03.2014 - 3 C 122/13 - und AG Wedding, Urt. v. 23.03.2013 - 7 C 148/12 -).
Fortsetzung des Mietverhältnisses trotz psychischer Erkrankung unzumutbar
Die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei nach Auffassung des Amtsgerichts trotz der psychischen Erkrankung der Mieterin für die Vermieterin unzumutbar gewesen. Zwar sei in Anbetracht des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, der Menschenwürde und dem Sozialstaatsprinzip gegenüber Behinderten und Erkrankten eine höhere Toleranzbereitschaft zu fordern. Jedoch sei zu beachten gewesen, dass die hohe Anzahl der Lärmbelästigungen und die damit einhergehende häufige Störung der Nachtruhe zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung der Mitmieter führten. Die Streitigkeiten haben darüber hinaus ernsthafte Sorgen um das leibliche Wohl der Mieterin begründet. In der unmittelbaren Umgebung von vermuteten Gewalttaten sei ein entspanntes Wohnen aber nicht möglich.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.03.2015
Quelle: Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, ra-online (zt/GE 2015, 257/rb)
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