Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein unter schizoaffektiven Psychosen leidender Mieter entzündete im März 2014 ein offenes Feuer in seiner Wohnung. Die daraufhin von den Mitmietern alarmierte Feuerwehr musste die Wohnungstür aufbrechen, um das Feuer zu löschen. Einige Tage später verursachte der Mieter eine massive Überschwemmung. So lief das Wasser von der im 3. Obergeschoss liegenden Wohnung des Mieters bis in das 1. Obergeschoss hinunter. Die Vermieter kündigten aufgrund der Vorfälle das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise fristgemäß. Da der Mieter sich weigerte die Kündigung zu akzeptieren, kam der Fall vor Gericht.
Das Amtsgericht Neukölln führte zum Fall zunächst aus, dass die Vorfälle eine fristlose Kündigung nach § 543 BGB grundsätzlich gerechtfertigt hätten. Da sich der Mieter aber zur damaligen Zeit in stationärer Behandlung befand, hielt es das Gericht für zumutbar, den Ablauf der Kündigungsfrist abzuwarten.
Nach Auffassung des Amtsgerichts sei es aber zulässig gewesen, den Mieter gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB ordentlich zu kündigen. Dies habe auch unter Berücksichtig dessen gegolten, dass der Mieter psychisch erkrankt war und daher schuldlos gehandelt hatte. Denn trotz eines krankheitsbedingten schuldlosen Handelns könne es für den Vermieter unzumutbar sein, weiter am Mietvertrag festzuhalten. Voraussetzung sei aber, dass dem Mieter ein besonders erheblicher Pflichtenverstoß vorzuwerfen ist. Zudem komme es auf eine sorgfältige Abwägung der gegenseitigen Interessen an. Ausgehend davon hielt das Gericht die Fortsetzung des Mietverhältnisses für unzumutbar.
Zugunsten des Mieters sei zwar zu berücksichtigen gewesen, so das Amtsgericht weiter, dass eine Benachteiligung aufgrund von Krankheit und Behinderung grundsätzlich ausgeschlossen ist und dass der grundgesetzlich garantierte Schutz der eigenen Wohnung auch gegenüber psychisch kranken Menschen gilt (vgl. BGH, Urt. v. 08.12.2004 - VIII ZR 218/03 -). Gegenüber psychisch erkrankten Menschen sei eine erhöhte Toleranz zu fordern. Die Toleranz finde jedoch ihre Grenzen darin, dass das Leben und die Gesundheit der Mitmieter sowie das Eigentum des Vermieters beeinträchtigt wird. Beides sei hier der Fall gewesen. Durch das Entzünden des Feuers habe eine konkrete Lebens- und Gesundheitsgefahr für die Mitmieter bestanden. Durch die Überschwemmung sei es zu einem erheblichen Eigentumsschaden gekommen. Beide Vorfälle haben einen gravierenden Pflichtenverstoß begründet, der nicht hingenommen werden muss.
Das Amtsgericht hielt es für unerheblich, dass der Mieter eine Therapie begonnen hatte. Denn dadurch sei das bereits begangene Fehlverhalten nicht entkräftet worden. Ohnehin habe die Therapie nicht die Gewähr geboten, dass es zu keinen weiteren Störungen kommt.
Angesichts der zu erwartenden Schwierigkeiten des Mieters, eine neue Wohnung zu finden, gewährte das Amtsgericht eine Räumungsfrist von sechs Monaten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.01.2015
Quelle: Amtsgericht Neukölln, ra-online (zt/GE 2014, 1656/rb)