21.11.2024
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Dokument-Nr. 8677

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Urteil02.09.2009BundesfinanzhofI R 90/08 und I R 111/08
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Bundesfinanzhof Urteil02.09.2009

BFH: Keine Bindungswirkung zwischen­staat­licher Verstän­di­gungs­ver­ein­ba­rungen über die Besteuerung von AbfindungenVereinbarungen dürfen nicht zu Lasten der Steuer­pflichtigen gehen

Völkerrechtlich verbindliche Verstän­di­gungs­ver­ein­ba­rungen zwischen der deutschen und einer ausländischen Finanz­ver­waltung binden die deutschen Finanzgerichte nur dann, wenn sie in Einklang mit inner­staat­lichen Steuergesetzen stehen. Dies entschied der Bundesfinanzhof

Doppel­be­steu­e­rungs­ab­kommen zwischen zwei Staaten bezwecken, Doppel­be­steu­e­rungen in den Vertragsstaaten zu vermeiden; das Besteu­e­rungsrecht für bestimmte Einkünfte wird entweder dem einen oder dem anderen Staat zugeordnet. Zuweilen kann die Anwendung der DBA aber auch eine doppelte Nicht­be­steuerung nach sich ziehen, dann nämlich, wenn der eine Vertragsstaat eine Abkom­mens­be­stimmung anders auslegt als der andere Vertragsstaat und im Ergebnis jeder Staat das Besteu­e­rungsrecht des jeweils anderen Staats annimmt („negativer Quali­fi­ka­ti­o­ns­konflikt“). Abhilfe sollen in derartigen Fällen sog. Verstän­di­gungs­ver­ein­ba­rungen der Finanz­ver­wal­tungen beider Staaten schaffen.

Verstän­di­gungs­ver­ein­ba­rungen für Finanz­ver­wal­tungen verbindlich – nicht jedoch für die Finanzgerichte

Der Bundesfinanzhof hat nun bekräftigt, dass solche Verstän­di­gungs­ver­ein­ba­rungen völkerrechtlich verbindlich sind und infolgedessen auch die beteiligten Finanz­ver­wal­tungen binden. Das gilt jedoch nicht für die Finanzgerichte. Diese entscheiden nur nach dem Gesetz, also dem Doppel­be­steu­e­rungs­ab­kommen und nicht auf der Basis bloßer Verwal­tungs­ver­ein­ba­rungen. Diese können das Doppel­be­steu­e­rungs­ab­kommen nicht ändern. Ohne gesetzliche Legitimation dürfen die Vereinbarungen nicht zu Lasten der Steuer­pflichtigen gehen.

So verhielt es sich auch in den beiden Urteilsfällen, in denen es um Abfin­dungs­zah­lungen an Arbeitnehmer aus Anlass der Beendigung der Arbeits­ver­hältnisse ging:

Für Geltendmachung des Rechts auf Versteuerung der Abfindung ausschließlich in Deutschland fehlt Rechtsgrundlage

In dem Urteil I R 90/08 klagte ein belgischer Staats­an­ge­höriger, der in Belgien wohnte und in Deutschland arbeitete. Der Arbeitslohn wurde nach überein­stim­mender Rechts­auf­fassung nach Maßgabe des zwischen Deutschland und Belgien geschlossenen Doppel­be­steu­e­rungs­ab­kommens sowohl in Deutschland als auch in Belgien (nur) in Deutschland versteuert. Das gilt nach deutscher Rechts­auf­fassung jedoch nicht für die Abfindung; Belgien nimmt hingegen auch dafür das deutsche Besteu­e­rungsrecht an. Die deshalb zwischen Deutschland und Belgien getroffene Verstän­di­gungs­ver­ein­barung folgt insoweit der belgischen Auffassung und ordnet das Besteu­e­rungsrecht Deutschland zu. Nach Ansicht des Bundes­fi­nanzhofs fehlt für die Geltendmachung dieses Rechts gegenüber dem Arbeitnehmer aber die Rechtsgrundlage.

Keine Möglichkeit, gezahlte Abfindung in Deutschland zu besteuern

In dem Urteil I R 111/08 war Klägerin eine Italienerin, die in Deutschland gearbeitet und die sodann nach Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses in die Schweiz verzogen war. Auch hier sah der Bundesfinanzhof auf der Basis des Doppel­be­steu­e­rungs­ab­kommen Deutschland-Schweiz keine Möglichkeit, die gezahlte Abfindung nach Maßgabe der entsprechenden deutsch-schweizerischen Verstän­di­gungs­ver­ein­barung in Deutschland zu besteuern.

Derzeit ist eine zunehmende Tendenz der Finanz­ver­wal­tungen zu beobachten, sich in der genannten Weise zwischen­staatlich über die Auslegung von Doppel­be­steu­e­rungs­ab­kommen zu verständigen. Ohne Umsetzung in ein Gesetz muss kein Steuer­pflichtiger eine solche Vereinbarung gegen sich gelten lassen.

Quelle: ra-online, BFH

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