18.10.2024
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Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen Beschluss07.07.2020

VerfGH Nordrhein-Westfalen: Keine Aussetzung des Unterschriften­quorums für WahlvorschlägeKeine Verletzung des Rechts auf Wahlrechts- und Chancen­gleichheit

Der Verfassungs­gerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 7. Juli 2020 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend die Einreichung von Wahlvorschlägen für die Kommunalwahlen am 13. September 2020 abgelehnt.

Der Bezirksverband Ruhr-Westfalen der Deutschen Kommunistischen Partei hatte auf diesem Weg begehrt, das Erfordernis der Beibringung von sogenannten Unter­stüt­zungs­un­ter­schriften für die diesjährigen Kommunalwahlen auszusetzen.

Wahlvorschläge von Parteien und Wählergruppen müssen persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein

Nach § 15 Abs. 2 Satz 3 des Kommu­nal­wahl­ge­setzes müssen Wahlvorschläge von Parteien und Wählergruppen, die nicht ununterbrochen in der zu wählenden Vertretung, der Vertretung des zuständigen Kreises, im Landtag oder aufgrund eines Wahlvorschlags aus dem Land im Bundestag vertreten sind, je nach Größenordnung des Wahlbezirks von bis zu 20 Wahlbe­rech­tigten aus dem jeweiligen Wahlbezirk persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Die Reservelisten solcher Parteien und Wählergruppen müssen von einem Tausendstel der Wahlbe­rech­tigten der jeweiligen Kommunen, und zwar mindestens von fünf und höchstens von 100 Wahlbe­rech­tigten, unterschrieben sein. Die Wahlvorschläge und Reservelisten müssen spätestens am 59. Tag vor der Wahl (hier: 16. Juli 2020), 18 Uhr, beim Wahlleiter eingereicht werden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Kommu­nal­wahl­gesetz).

Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge verlängert

Am 3. Juni 2020 trat das Gesetz zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020 in Kraft, mit dem der Landes­ge­setzgeber auf mögliche Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die anstehenden Kommunalwahlen reagierte. Nach § 6 des Gesetzes zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020 können Wahlvorschläge und Reservelisten nicht nur bis zum 59. Tag, sondern bis zum 48. Tag vor der Wahl (hier: 27. Juli 2020), 18 Uhr, beim Wahlleiter eingereicht werden. Ferner wurde die Anzahl der notwendigen Unter­stüt­zungs­un­ter­schriften für Wahlbe­zirks­vor­schläge und Reservelisten auf 60 % der sonst erforderlichen Quoren gesenkt (vgl. §§ 7 und 8 des Gesetzes zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020).

Antragsteller sah sich in seinem Recht auf Wahlrechts- und Chancen­gleichheit verletzt

Der Antragsteller hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Regelungen über die Beibringung von Unter­stüt­zungs­un­ter­schriften verletzten ihn in seinem Recht auf Wahlrechts- und Chancengleichheit. Der mit diesen wahlrechtlichen Zulas­sungs­be­schrän­kungen verbundene Eingriff in die genannten Rechte könne verfas­sungs­rechtlich nicht gerechtfertigt werden. Auch die abgesenkten Quoren seien noch unangemessen hoch. Erst recht sei die Chancen­gleichheit unter den aktuellen Bedingungen der Corona-Pandemie verletzt, weil die Möglichkeit, in den einzelnen Wahlbezirken die erforderlichen Unterschriften zu sammeln, erheblich eingeschränkt sei.

VerfGH: Gesetzgeber hat auf pande­mie­be­dingten Erschwernisse ausreichend reagiert

Der VerfGH hat zur Begründung der Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Antrag in dem in der Hauptsache anhängigen Organstreit als voraussichtlich teilweise unzulässig und darüber hinaus auch unbegründet erweise. Eine verfas­sungs­rechtliche Überprüfung der Unter­schrif­ten­quoren im Organstreit komme nur unter dem Aspekt in Betracht, ob der Gesetzgeber auf die pande­mie­be­dingten Erschwernisse bei der Sammlung der sogenannten Unter­stüt­zungs­un­ter­schriften ausreichend reagiert habe. Dies sei durch die Absenkung der Quoren und die Verlängerung der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge in einer verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstandenden Weise geschehen.

Erfordernis der Beibringung von Unter­stüt­zungs­un­ter­schriften verletzt weder die Chancen- noch die Wahlrechts­gleichheit

Es sei im Übrigen aber auch davon auszugehen, dass das Erfordernis der Beibringung von Unter­stüt­zungs­un­ter­schriften weder die Chancen- noch die Wahlrechtsgleichheit der Betroffenen verletze. Es diene nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts dazu, den Wahlakt auf ernsthafte Bewerberinnen und Bewerber zu beschränken, dadurch das Stimmgewicht der einzelnen Wählerstimmen zu sichern und so indirekt der Gefahr der Stimmen­zer­split­terung vorzubeugen. Die Höhe der Quoren sei bei summarischer Prüfung unter Berück­sich­tigung der besonderen Verhältnisse der Kommunalwahlen mit vergleichsweise kleinen Wahlbezirken noch angemessen. Darüber hinaus gehe auch die von den Erfolgs­aus­sichten der Hauptsache unabhängige Folgenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus.

Quelle: Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/ab)

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