22.11.2024
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Verfassungsgericht Brandenburg Urteil12.12.2014

VerfG Brandenburg erklärt Neuregelung des Finanzierungs­zu­schuss für freie Schulen für verfas­sungsgemäßGewährung eines Betriebs­kosten­zu­schusses auf Basis eines Pauschalbetrags je Schüler nicht zu beanstanden

Das Verfas­sungs­gericht des Landes Brandenburg hat entschieden, dass die seit dem Schuljahr 2012/2013 geltende Neuregelung des öffentlichen Finanzierungs­zu­schusses für die Träger freier Schulen mit der Landes­ver­fassung vereinbar ist.

Im zugrunde liegenden Verfahren hatten 31 (teils ehemalige) Abgeordnete des Brandenburger Landtags das Verfas­sungs­gericht mit einem Antrag auf Normenkontrolle angerufen. Hintergrund hierfür war, dass das Land bis zum Schuljahr 2011/2012 den Schulträgern einen Zuschuss in Höhe von 94 % der Personalkosten einer entsprechenden Schule in öffentlicher Trägerschaft gewährte. Nunmehr sieht das Branden­bur­gische Schulgesetz die Gewährung eines Betrie­bs­kos­ten­zu­schusses auf der Basis eines Pauschalbetrags je Schüler vor. Dabei knüpft die Neuregelung nicht mehr an die tatsächlichen Kosten öffentlicher Schulen an, sondern gibt die Berech­nungs­größen für den Finan­zie­rungs­zu­schuss in erheblichem Umfang normativ vor (etwa die Entgeltgruppen der Lehrkräfte oder die für die jeweilige Schulform maßgebliche Klassenstärke). Daneben berücksichtigt der Zuschuss jetzt auch die Sachkosten der freien Schulen sowie weitere Umstände (z. B. sonder­päd­ago­gischen Förderbedarf), die nach der alten Rechtslage nicht gesondert berücksichtigt wurden.

Antragsteller sehen wirtschaft­liches Existenzminimum für Betrieb von Ersatzschulen durch Neuregelung gefährdet

Die Antragsteller machten geltend, dass die nach der Neuregelung gewährten Zuschüsse unzureichend seien. Das Land verletze damit seine verfas­sungs­rechtliche Pflicht, das wirtschaftliche Existenzminimum für den Betrieb der Ersatzschulen zu gewährleisten und das Ersatz­schulwesen zu schützen. Diesbezüglich gehe die Landes­ver­fassung über die Vorgaben des Grundgesetzes hinaus. Die zur Überprüfung gestellten Vorschriften des Schulgesetzes überließen zudem wesentliche Entscheidungen dem zuständigen Ministerium und missachteten schutzwürdige Vertrau­ens­belange der Schulträger. Schließlich habe der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestal­tungs­spielraum nicht ordnungsgemäß wahrgenommen. Er sei verpflichtet gewesen, die möglichen Auswirkungen seiner Entscheidung vollständig und zutreffend zu ermitteln und auf dieser Grundlage eine nachvoll­ziehbare Gestal­tungs­ent­scheidung zu treffen. Diese prozeduralen Anforderungen seien im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren nicht beachtet worden.

Das Verfas­sungs­gericht Brandenburg stellte in seiner Entscheidung fest, dass der Finan­zie­rungs­zu­schuss für die Träger freier Schulen im Einklang mit der Branden­bur­gischen Verfassung steht. Dem Urteil liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

Land schuldet keinen vollständigen Kostenausgleich

Art. 30 Abs. 6 Satz 1 der Landes­ver­fassung gewährleistet das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft nach Maßgabe von Art. 7 Absatz 4 Grundgesetz. Aus dieser Bestimmung folgt eine Verpflichtung des Landes, das private Ersatz­schulwesen neben dem öffentlichen Schulwesen zu fördern und in seinem Bestand zu schützen. Allerdings ist dem Landes­ge­setzgeber eine weitgehende Gestal­tungs­freiheit einzuräumen, in welcher Weise er seiner Schutz- und Förderpflicht nachkommt. Das Land schuldet auch keinen vollständigen Kostenausgleich, sondern nur eine Beteiligung an den Kosten der Ersatz­schul­träger, die eine angemessene Eigenleistung erbringen und das unter­neh­me­rische Risiko selbst tragen müssen. Diesen verfas­sungs­recht­lichen Gewähr­leis­tungen werden die zur Überprüfung gestellten Vorschriften vollständig gerecht. Die neue Finan­zie­rungs­re­gelung berücksichtigt in angemessener Weise die für den Schulbetrieb erheblichen Kostenfaktoren. Deshalb ist die Prognose des Gesetzgebers, die Förderung sei zusammen mit den Schul­geld­ein­nahmen und den weiteren zumutbaren Eigenleistungen auskömmlich bemessen, nicht zu beanstanden. Auch die tatsächliche Entwicklung bestätigt, dass der Bestand des Ersatz­schul­wesens als verfas­sungs­rechtlich geschützte Institution gesichert ist. Obwohl die Gesamtzahl aller Schülerinnen und Schüler im Land Brandenburg seit langem rückläufig ist, sind sowohl die Schülerzahlen an den Ersatzschulen als auch die Zahl der freien Schulen kontinuierlich gestiegen. Dieser Trend hat sich nach Inkrafttreten der angegriffenen Neuregelung fortgesetzt. Darauf, ob der gewährte Zuschuss für jede einzelne Ersatzschule ausreichend ist, kommt es bei der verfas­sungs­recht­lichen Prüfung von vornherein nicht an. Die einzelne Schule genießt keinen Bestandsschutz. Zudem ergibt sich weder aus dem Grundgesetz noch aus der Landes­ver­fassung ein Anspruch des Ersatz­schul­trägers auf individuelle Förderung.

Kein Verstoß gegen Gleichheitssatz der Landes­ver­fassung

Die angegriffene Finan­zie­rungs­re­gelung verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz der Landes­ver­fassung. Bei der Finanzierung öffentlicher Schulen und der staatlichen Beteiligung an den Kosten privater Ersatzschulen handelt es sich um wesensmäßig nicht vergleichbare Sachverhalte. Auch ist es verfas­sungs­rechtlich unbedenklich, der finanziellen Förderung der Ersatzschulen die Klassen­fre­quenzen zugrunde zu legen, die für die staatlichen Schulen maßgeblich sind.

Kein Begründungs- oder Darlegungszwang für gesetz­ge­be­rische Entscheidungen

Der Gesetzgeber hat ebenfalls nicht gegen prozedurale Anforderungen im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren verstoßen. Aus der Landes­ver­fassung ergibt sich kein allgemeiner Begründungs- oder Darlegungszwang für gesetz­ge­be­rische Entscheidungen. Eine solche Verpflichtung lässt sich auch nicht aus den für die Privat­schul­fi­nan­zierung maßgeblichen verfas­sungs­recht­lichen Bestimmungen herleiten. Schon der Umstand, dass die Schutz- und Förderpflicht des Landes allein auf das Ersatz­schulwesen als Institution gerichtet ist, spricht gegen besondere methodische Vorgaben für das Gesetz­ge­bungs­ver­fahren. So kann der Gesetzgeber, der nur das Existenzminimum der Institution sicherstellen muss, nicht verpflichtet sein, die Auskömmlichkeit der Zuschüsse für jede Ersatzschule durch entsprechende Kostenanalysen zu belegen.

Gesetzgeber war nicht zur Regelung sämtlicher Einzelheiten der Berechnung des Schüler­aus­ga­ben­satzes im Schulgesetz verpflichtet

Der parla­men­ta­rische Gesetzgeber hat vorliegend die für die Verwirklichung der Schutz- und Förderpflicht wesentlichen Regelungen selbst getroffen. Dabei war es unter dem Gesichtspunkt des Geset­zes­vor­behalts nicht erforderlich, sämtliche Einzelheiten der Berechnung des Schüler­aus­ga­ben­satzes im Detail im Schulgesetz zu regeln. Da das Gesetz hinreichend konkrete Vorgaben enthält, durfte die weitere Konkretisierung der Verwaltung überlassen werden. Das Verfas­sungs­gericht hat aber auch darauf hingewiesen, dass eine Anhebung der – gegenwärtig allein durch Verwal­tungs­vor­schrift festgelegten – Richtwerte für die Klassenfrequenz nur auf gesetzlicher Grundlage erfolgen darf, weil damit eine nicht unerhebliche Reduzierung der Förderzuschüsse verbunden wäre.

Entwicklung der Zuschüsse darf vom Gesetzgeber maßvoll geändert werden

Schließlich verstößt die Neuregelung der Bezuschussung der freien Schulen auch nicht gegen den Grundsatz des Vertrau­ens­schutzes. Die Ersatz­schul­träger müssen grundsätzlich damit rechnen, dass sich eine Zuschuss­re­gelung ändert. Verfas­sungs­recht­lichen Schutz genießt nur die Erwartung, dass der Gesetzgeber weiterhin seiner Schutz- und Förderpflicht für das Ersatz­schulwesen nachkommt. In diesem Rahmen müssen die Schulträger von vornherein bei ihren Planungen berücksichtigen, dass die kalkulierte Entwicklung der Zuschüsse vom Gesetzgeber maßvoll geändert werden kann.

Quelle: Verfassungsgericht Brandenburg/ra-online

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