18.10.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil26.04.2006

Sittenwidrige Vergütung von Lehrkräften privater Ersatzschulen70 % des normalen Gehalts ist sittenwidrig

Eine arbeits­ver­tragliche Vergü­tungs­ver­ein­barung ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt. Verdient ein Lehrer einer privaten Ersatzschule nur 70 % des Gehaltes, das eine Lehrkraft im öffentlichen Dienst bekommt, dann ist diese Vergü­tungs­ver­ein­barung sittenwidrig.

Ob eine Entgelt­ver­ein­barung sittenwidrig ist, beurteilt sich nicht allein nach der vereinbarten Vergütungshöhe. § 138 Abs. 1 BGB schützt auch anerkannte Rechts- und Grundwerte des Gemein­schafts­lebens, die sich aus den Wertungen des Grundgesetzes und einfach­ge­setz­lichen Regelungen ergeben.

Für private Ersatzschulen sind insoweit Art. 7 Abs. 4 GG und die Regelungen in den Schulgesetzen der Länder maßgebend. Danach erhalten die Träger anerkannter privater Ersatzschulen einen Finan­zie­rungs­zu­schuss zu den Personalkosten für die angestellten Lehrkräfte. Dieser betrug in Brandenburg 97 % der Personalkosten einer vergleichbaren Schule in öffentlicher Trägerschaft nebst Zulagen und Arbeit­ge­be­r­an­teilen zur Sozia­l­ver­si­cherung. Geneh­mi­gungs­vor­aus­setzung ist, dass die Vergütung der angestellten Lehrkräfte mindestens 75 % der Gehälter der vergleichbaren im öffentlichen Dienst stehenden Lehrkräfte beträgt. Dieser Zusammenhang zwischen der aus Steuergeldern erbrachten Finanzhilfe zu den Personalkosten und der festgesetzten Mindest­ver­gütung verdeutlicht, dass eine 75 % unter­schreitende Vergütung nicht den guten Sitten im Sinne von § 138 BGB entspricht.

Deshalb hat der Fünfte Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts die Vergü­tungs­ver­ein­barung eines Schulleiters einer privaten Ersatzschule in Brandenburg, der etwa 70 % des Gehalts einer vergleichbaren im öffentlichen Dienst stehenden Lehrkraft erhielt, als sittenwidrig angesehen. Das anderslautende Urteil der Vorinstanz wurde aufgehoben und die Sache an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat aufzuklären, wie hoch die übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) von Schulleitern anerkannter privater Ersatzschulen in Brandenburg ist.

Erläuterungen
Vorinstanz

Landes­a­r­beits­gericht Sachsen-Anhalt Urteil vom 4. Mai 2005 - 4 Sa 589/04 -

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 28/06 des BAG vom 26.04.2006

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