03.12.2024
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Dokument-Nr. 268

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Bundesverfassungsgericht Entscheidung23.11.2004

Landes­kin­der­klausel des bremischen Privat­schul­ge­setzes verfas­sungsgemäß

Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, dass bei der Gewährung wirtschaft­licher Hilfe an die Träger privater Ersatzschulen in Bremen nach der dort geltenden Landes­kin­der­klausel nur Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden, die in Bremen ihre Wohnung oder Hauptwohnung haben. Dies entschied der Erste Senat des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts.

Rechtlicher Hintergrund und Sachverhalt:

Privatschulen in Bremen, die auf gemeinnütziger Grundlage betrieben werden und keinen erwer­bs­wirt­schaft­lichen Gewinn erstreben, erhalten vom Land einen Zuschuss. Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 des bremischen Gesetzes über das Privat­schulwesen und den Privat­un­terricht werden bei der Berechnung des Zuschusses nur die Schüler zahlenmäßig berücksichtigt, die in Bremen wohnen. In der Förde­rung­s­praxis des Landes Bremen wirkte sich die Landes­kin­der­klausel für Ersatzschulen, die Schüler aus Niedersachsen aufnehmen, zunächst nicht aus. Denn das Land Niedersachsen leistete auf Grund einer mit Bremen getroffenen Vereinbarung für diese Schüler finanzielle Beiträge an das Land Bremen, die an die jeweiligen Privatschulen weitergeleitet wurden. Diese Vereinbarung wurde von Niedersachsen jedoch zum 1. August 1995 gekündigt. Der Träger einer Ersatzschule in Bremen erhob daraufhin Klage vor dem Verwal­tungs­gericht (VG) auf Feststellung, dass Bremen bei der Berechnung der Finanzhilfe für die von ihm betriebene Schule weiterhin auch Schüler berücksichtigen muss, die ihren Hauptwohnsitz nicht in Bremen haben. Das VG hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Landes­kin­der­klausel mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

1. Die Landes­kin­der­klausel verstößt nicht gegen die Privat­schul­ga­rantie des Art. 7 Abs. 4 GG.

Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet jedermann das Recht, private Schulen zu errichten. Neben der Gründungs­freiheit garantiert Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG die Privatschule als Institution. Die Länder sind verpflichtet, das private Ersatz­schulwesen neben dem öffentlichen Schulwesen zu fördern und in seinem Bestand zu schützen. Eine Handlungs­pflicht des Staates wird aber erst dann ausgelöst, wenn das Ersatz­schulwesen als Institution in seinem Bestand bedroht ist. Das gilt auch für die Gewährung finanzieller Leistungen. Zu einer solchen Hilfe ist der Staat nur verpflichtet, wenn anders das Ersatz­schulwesen in seinem Bestand eindeutig nicht mehr gesichert wäre.

Das Ersatz­schulwesen im Land Bremen als verfas­sungs­rechtlich geschützte Institution ist durch die Landes­kin­der­klausel nicht gefährdet. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die in den Schuljahren 1996/97 bis 1998/99 die Schule des Klägers des Ausgangs­ver­fahrens besuchten, nahm gegenüber dem Schuljahr 1995/96 nicht ab, sondern zu. Diese Entwicklung setzte sich in den folgenden Jahren fort. Die Entwicklung an den übrigen Ersatzschulen Bremens verlief ähnlich. Auch bei ihnen gingen auf Grund der Landes­kin­der­klausel ganz überwiegend die Schülerzahlen nicht zurück.

2. Die Landes­kin­der­klausel verletzt auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Zwar werden bremische Privatschulen, die neben Schülern aus Bremen auch landesfremde Schüler aufnehmen, durch die Landes­kin­der­klausel gegenüber bremischen Privatschulen benachteiligt, die nur Landeskinder beschulen. Dies ist jedoch verfas­sungs­rechtlich gerechtfertigt. Legitimer Zweck der Regelung ist es, die Haushaltsmittel auf die Aufga­be­n­er­füllung gegenüber den landes­an­sässigen Schülern und Eltern zu konzentrieren. Die – in die Zuständigkeit der Länder fallende - Ausgestaltung des Schulwesens dient primär der Ausbildung und Unterrichtung der im eigenen Land wohnhaften Schüler. Diese unterliegen im Land ihres Wohnsitzes der Schulpflicht, die sie grundsätzlich an Schulen dieses Landes zu erfüllen haben. Nur die Beschulung von Landeskindern an den Ersatzschulen des Landes entlastet daher die eigenen öffentlichen Schulen um die auf diese Schüler entfallenden Kosten. Der geringeren Höhe der Förderung von Ersatzschulen, die auch landesfremde Schüler unterrichten, entspricht also der geringere Entlas­tungs­effekt, den diese Schulen für das öffentliche Schulwesen Bremens haben.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 22/2005 des BVerfG vom 03.03.2005

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