18.10.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss14.03.2013

Gemeinschafts­unterkunft für Asylbewerber im Gewerbegebiet grundsätzlich unzulässigWohnähnlich genutzte Gemeinschafts­unterkunft für Asylbewerber verträgt sich nicht mit typischen Eigenarten eines Gewerbegebiets

Eine Gemeinschafts­unterkunft für Asylbewerber ist in einem Gewerbegebiet grundsätzlich nicht zulässig, weil sie wohnähnlichen Charakter hat. Dies entschied der Verwaltungs­gerichts­hof Baden-Württemberg.

Im zugrunde liegenden Streitfall erteilte die Stadt Fellbach (Antragsgegnerin) einer Privatperson (Beigeladener) im September 2012 eine Baugenehmigung zur Nutzung seines im "Handwer­ker­gebiet" gelegenen Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Der Bebauungsplan setzt für das Baugrundstück und für das Grundstück der Antragsteller ein "eingeschränktes Gewerbegebiet" fest. Die Antragsteller legten gegen die Baugenehmigung Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Ihre Eilanträge lehnte das Verwal­tungs­gericht Stuttgart im November 2012 ab.

Baugenehmigung verletzt Recht der Antragsteller auf Bewahrung der Gebietsart

Auf die Beschwerden der Antragsteller hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller angeordnet. Nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richtshofs verletzt die Baugenehmigung voraussichtlich das Recht der Antragsteller auf Bewahrung der Gebietsart "eingeschränktes Gewerbegebiet". Denn eine Gemein­schafts­un­terkunft für Asylbewerber werde wohnähnlich genutzt und eine solche Nutzung vertrage sich nicht mit der typischen Eigenart eines Gewerbegebiets.

Asylbewerber sind in Unterkunft vor den von einer gewerblichen Nutzung typischerweise ausgehenden Immissionen schutzwürdig

Die Gemein­schafts­un­terkunft diene dem dauernden Aufenthalt der Asylbewerber. Die Unterkunft sei ihr räumlicher Lebens­mit­telpunkt während der Asylverfahren, die nach den Angaben Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge derzeit durch­schnittlich 13 Monate dauerten. Wegen dieser nicht nur kurzen Verweildauer seien Asylbewerber in der Unterkunft als ihrem Lebens­mit­telpunkt vor den von einer gewerblichen Nutzung typischerweise ausgehenden Immissionen schutzwürdig. Eine wohnähnliche Nutzung wäre im Gewerbegebiet auch dann nicht ausnahmsweise zulässig, wenn es sich bei der Unterkunft um eine "Anlage für soziale Zwecke" im Sinne der Baunut­zungs­ver­ordnung handeln sollte. Die Antragsteller könnten als Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet beanspruchen, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes über die Art der baulichen Nutzung beachtet werden, und zwar auch, um nicht selbst gesteigert Rücksicht auf die wohnähnliche Nutzung nehmen zu müssen.

Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Nutzungsart unter engen Voraussetzungen möglich

Der Verwal­tungs­ge­richtshof weist darauf hin, dass von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Nutzungsart unter engen Voraussetzungen eine Befreiung aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit denkbar sein könnte, etwa für den Fall eines tatsächlichen und erheblichen Mangels an Unter­brin­gungs­mög­lich­keiten für Asylbewerber im Land Baden-Württemberg. Eine solche Befreiung sei bislang aber nicht erteilt worden.

Eilanträge weiterer Grund­s­tücks­ei­gentümer erfolglos

Die Eilanträge weiterer Antragsteller, die Eigentümer von Grundstücken außerhalb des Gewerbegebiets sind, hatten hingegen auch in zweiter Instanz keinen Erfolg. Sie hätten nicht dargelegt, dass sie konkret durch die wohnähnliche Nutzung betroffen seien und ihre Grund­s­tücks­nutzung in Zukunft einschränken müssten.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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