23.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil19.06.2015

Übernach­tungs­steuer in Freiburg ist rechtmäßigAuf private Übernachtungen erhobene Steuer ist als örtliche Aufwandsteuer nicht gleichzusetzen mit der Umsatzsteuer

Der Verwaltungs­gerichts­hof Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Satzung der Stadt Freiburg im Breisgau über die Erhebung einer Übernach­tungs­steuer rechtmäßig ist. Die auf private Übernachtungen erhobene Steuer ist als örtliche Aufwandsteuer nicht gleichartig mit der Umsatzsteuer und darf beim Beherbergungs­betrieb als Steuerschuldner erhoben werden, der sie auf den Übernach­tungsgast als eigentlichen Steuerträger abwälzen kann. Die mit der Übernach­tungs­steuer verbundenen Mitwir­kungs­lasten der Beherbergungs­betriebe sind nicht unver­hält­nismäßig. Zudem verletzt die Satzung auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz. Damit blieb der Normen­kontroll­antrag einer Hotel-Betreiberin aus Freiburg erfolglos.

Der Gemeinderat der Stadt Freiburg im Breisgau (Antragsgegnerin) beschloss am 15. Oktober 2013 eine Satzung über die Erhebung einer Übernachtungssteuer in der Stadt Freiburg im Breisgau (Übernach­tung­s­teu­er­satzung). Gegenstand der Übernach­tung­steuer ist der Aufwand eines Beher­ber­gungs­gastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung in einem Beher­ber­gungs­betrieb (Hotel, Gasthof, Pension, Privatzimmer, Jugendherberge, Ferienwohnung, Motel, Camping- und Reisemobilplatz und ähnliche Einrichtungen). Steuerschuldner ist der Inhaber des Beher­ber­gungs­be­triebes. Die Antragstellerin ist eine GmbH. Sie betreibt in Freiburg im Breisgau ein Hotel. Sie hält die Übernach­tung­s­teu­er­satzung wegen Verletzung höherrangigen Rechts für unwirksam.

Erhebung einer Aufwandsteuer auf entgeltliche Übernachtungen für private Zwecke verstößt nicht gegen unions­recht­liches Gleich­ar­tig­keits­verbot

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg ist ihren Einwendungen gegen die Gültigkeit der Satzung nicht gefolgt. Die Übernach­tungs­steu­er­satzung entspreche den Vorgaben von § 9 Absatz 4 des Kommu­na­l­ab­ga­ben­ge­setzes für Baden-Württemberg (KAG) und sei auch mit sonstigem höherrangigem Recht vereinbar. Die Übernach­tung­steuer sei trotz einzelner Merkmale mit Nähe zur Umsatzsteuer mit dieser bundes­ge­setz­lichen Steuer nicht im Sinne des Artikels 105 Absatz 2a Satz 1 des Grundgesetzes (GG) "gleichartig". Das folge aus einer wertenden Gesamt­be­trachtung von Gegenstand und Maßstab der Steuer, der Erhebungs­technik und der wirtschaft­lichen Auswirkungen. Gewichtige Unterschiede gebe es beim Steuer­ge­genstand. Anders als die Umsatzsteuer erfasse die Übernach­tung­steuer nur einen Teil der entgeltlichen Übernachtungen in einem Beher­ber­gungs­betrieb, da nur privat veranlasste, kurzfristige entgeltliche Übernachtungen von Erwachsenen besteuert würden. Auch die Erhebungs­technik unterscheide sich deutlich von der Umsatzsteuer. Die Erhebung einer Aufwandsteuer auf entgeltliche Übernachtungen für private Zwecke verstoße auch nicht gegen das unions­rechtliche Gleich­ar­tig­keits­verbot nach der Mehrwert­steu­er­system-Richtlinie 2006/112/EG oder gegen den Grundsatz der Wider­spruchs­freiheit der Rechtsordnung.

Übernach­tung­steuer ist auf Abwälzung auf den Übernach­tungsgast angelegt

Die Antragsgegnerin habe die Übernach­tungs­steuer auch als indirekte Steuer konzipieren dürfen, die nicht den Übernach­tungsgast als eigentlichen Steuerträger, sondern den Beher­ber­gungs­betrieb zum Steuerschuldner mache. Denn die Übernach­tung­steuer sei auf Abwälzung auf den Übernach­tungsgast angelegt. Der steuer­pflichtige Beher­ber­gungs­betrieb könne den von ihm gezahlten Steuerbetrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach geeignete Maßnahmen - wie etwa Preiserhöhung, Umsatz­stei­gerung oder Senkung der sonstigen Kosten - zur Aufrecht­er­haltung der Wirtschaft­lichkeit seines Unternehmens treffen.

Den Beher­ber­gungs­be­trieben auferlegte Mitwir­kungs­beiträge nicht unver­hält­nismäßig

Die den Beher­ber­gungs­be­trieben auferlegten Mitwir­kungs­beiträge (Entgegennahme freiwilliger Angaben der Übernach­tungsgäste sowie von Bescheinigungen über beruflich veranlasste Übernachtungen; Plausi­bi­li­täts­kon­trollen; Weiterleitung an die Kommune als Steuer­gläu­bigerin) seien nicht unver­hält­nismäßig. Zudem sei die Satzung nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richtshofs schließlich auch mit dem Gleichheitssatz des Artikels 3 Absatz 1 GG vereinbar. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin weise sie kein strukturelles Vollzugsdefizit auf.

Artikel 105 Absatz 2a GG lautet:

"Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundes­ge­setzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grund­e­r­wer­b­steuer."

§ 9 Absatz 4 KAG lautet:

"Soweit Gesetze im Sinne von Absatz 1 nicht bestehen, können die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit sie nicht bundes­ge­setzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind."

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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