18.10.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil14.09.2017

"Echt Bodensee Card" - Kurtaxesatzung wegen fehlerhafter Gebüh­ren­ka­l­ku­lation unwirksamKosten beziehen sich nicht alle auf eine zu Kur- und Erholungs­zwecken bereitgestellte Einrichtung

Der Verwaltungs­gerichts­hof hat die Kurtaxesatzung der Gemeinde Langenargen wegen fehlerhafter Gebüh­ren­ka­l­ku­lation zur "Echt Bodensee Card" insgesamt für unwirksam erklärt.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Gemeinde Langenargen (Antragsgegnerin) hatte am 24. Oktober 2016 eine neue Kurtaxesatzung beschlossen, die insbesondere der Einführung der "Echt Bodensee Card" dienen soll. Mit dieser wollen die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH und die an dem Projekt beteiligten Orte den Übernach­tungs­gästen der Bodensee-Region die Inanspruchnahme kostenloser und vergünstigter Leistungen sowie die Nutzung des gesamten ÖPNV im Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbund ermöglichen. Nach einer mit der Deutschen Bodensee Tourismus GmbH abgeschlossenen Koope­ra­ti­o­ns­ver­ein­barung hat die Antragsgegnerin pro Gäste­über­nachtung einen Solidarbeitrag in Höhe von einem Euro brutto abzuführen, der sich aus ,75 Euro zugunsten des Verkehrs­verbunds und ,25 Euro zugunsten der Deutsche Bodensee Tourismus GmbH für die organi­sa­to­rische Abwicklung der Echt Bodensee Card zusammensetzt. Der Solidarbeitrag soll u.a. von den kurta­xe­pflichtigen Übernach­tungs­gästen im Gebiet der Antragsgegnerin refinanziert werden. Zu diesem Zweck sieht die am 24. Oktober 2016 beschlossene Kurtaxesatzung eine nunmehr erhöhte Kurtaxe zwischen 1,15 Euro und 3,15 Euro pro Person und Aufenthaltstag vor. Außerdem verpflichtet die Satzung die Beher­ber­gungs­be­triebe, welche ohnehin die Kurtaxe einzuziehen haben, zusätzlich dazu, die "Echt Bodensee Card" an die kurta­xe­pflichtigen Übernachtungsgäste auszugeben. In Zusammenhang damit schreibt die Satzung vor, dass die Beher­ber­gungs­be­triebe vom Übernach­tungsgast bei der Ausfüllung des Meldescheins zusätzlich dessen Zustimmung zu einer daten­schutz­recht­lichen Erklärung einholen müssen, welche die Weiterleitung der beim Gast erhobenen Daten an die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH betrifft.

Beher­ber­gungs­betrieb beanstandet zugrunde liegende Kalkulation für Kurtaxesatz

Die Antragstellerin betreibt im Gebiet der Antragsgegnerin einen Beherbergungsbetrieb. Am 15. März 2017 hat sie einen Normen­kon­trol­lantrag gestellt, mit dem sie die dem Kurtaxesatz zugrun­de­liegende Kalkulation der Antragsgegnerin angreift und sich gegen ihre Verpflichtung zur Einholung der daten­schutz­recht­lichen Erklärung wendet. Zusammengefasst machte sie geltend, dass die Antragsgegnerin ihre Aufwendungen für die Einführung der "Echt Bodensee Card" nicht in die Kalkulation des Kurtaxesatzes hätte einstellen dürfen, weil die Regelungen des Kommu­na­l­ab­ga­ben­ge­setzes dies nicht hergäben. Für die Verpflichtung zur Einholung der daten­schutz­recht­lichen Erklärung fehle es von vornherein an einer Rechtsgrundlage.

Kosten der "Echt Bodensee Card" teilweise nicht kurtaxefähig

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg folgte im Wesentlichen der Argumentation der Antragstellerin und führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, dass die Kalkulation nicht den gesetzlichen Vorgaben genüge, da ein Teil der darin eingestellten Kosten für die "Echt Bodensee Card", nämlich der an die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH abzuführende Anteil am Solidarbeitrag, nicht kurtaxefähig sei. Diese Kosten bezögen sich nämlich nicht auf eine zu Kur- und Erholungs­zwecken bereitgestellte Einrichtung oder eine zu diesem Zweck durchgeführte Veranstaltung der Antragsgegnerin im Sinne des § 43 Abs. 1 Kommu­na­l­ab­ga­ben­gesetz (KAG). Dem baden-württem­ber­gischen Kommu­na­l­ab­ga­benrecht liege noch in hergebrachter Weise die Vorstellung zu Grunde, dass der Abgabe­pflichtige sich in der Gemeinde aufhalte und dort an Veranstaltungen teilnehme oder Leistungen und Einrichtungen der Gemeinde in Anspruch nehme. Nicht kurtaxefähig seien aber Kosten für eine Gästecard wie die "Echt Bodensee Card", die sich zumindest auch auf Leistungen und Einrichtungen in anderen Gemeinden beziehe und dort Vergünstigungen gewähre. Während § 43 Abs. 1 KAG Kosten für kurtaxefähig erkläre, die für die im Rahmen eines überregionalen Verbunds den Kur- und Erholungsgästen eingeräumte Möglichkeit der kostenlosen Benutzung des öffentlichen Perso­nen­nah­verkehrs entstünden, fehle es derzeit an einer gesetzlichen Grundlage für die Kurta­xe­fä­higkeit von Kosten, die ihm Rahmen anderer touristischer Verbundlösungen anfielen. Ebenfalls keine gesetzliche Grundlage gebe es für die Verpflichtung zur Einholung der Zustimmung zur daten­schutz­recht­lichen Erklärung. Die festzustellende Fehler­haf­tigkeit der Kalkulation führe nicht nur dazu, dass die Regelung über den Kurtaxesatz unwirksam sei, sondern habe die Gesamt­nich­tigkeit der Satzung zur Folge.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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