21.11.2024
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Dokument-Nr. 7037

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Urteil06.11.2008Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg2 S 669/07
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil06.11.2008

Verstoß gegen das Gebot der Abgaben­ge­rech­tigkeit: Fremden­ver­kehrs­beitrag in Baden-Baden ist rechtswidrigÄrzte und Zahnärzte nicht einbezogen

Die Satzung über den Fremden­ver­kehrs­beitrag in Baden-Baden ist unwirksam. Das hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg entschieden und damit dem Antrag der Betreiberin eines Kaufhauses (Antragstellerin) stattgegeben.

Die Stadt Baden-Baden erhebt zur Deckung der Aufwendungen, die ihr zur Förderung des Fremdenverkehrs entstehen, einen Beitrag. Beitrags­pflichtig sind alle natürlichen und juristischen Personen, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben und denen aus dem Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile in Gestalt von Mehreinnahmen erwachsen. Die Stadt hat sich aus Gründen der Verwal­tungs­ver­ein­fachung für eine pauschalierte Vorteils­be­stimmung entschieden, die in mehreren Schritten erfolgt. Ausgangspunkt für die Ermittlung des Beitrags sind die Reineinnahmen, zu deren Ermittlung der Gesamtumsatz ohne Umsatzsteuer, der im Erhebungs­zeitraum in Baden-Baden erzielt wurde, mit einem Richtsatz (Reingewinnsatz) multipliziert wird. Die Richtsätze werden vom Bundes­fi­nanz­mi­nis­terium für das Besteu­e­rungs­ver­fahren herausgegeben; sie sind je nach Wirtschaftszweig unterschiedlich hoch. Der Messbetrag ergibt sich dann aus einer Multiplikation der Reineinnahmen mit einem Vorteilsatz von 5 % bis 50 %; der Vorteilsatz orientiert sich an dem Maß, in dem die einzelnen Gewerbe- und Berufsarten vom Fremdenverkehr profitieren. Schließlich ist der Messbetrag mit dem Beitragssatz zu multiplizieren, der in der Innenstadt 3 % und in den anderen Stadtteilen 1,2 % beträgt.

Pauschalierung ist zulässig

Die satzungs­recht­lichen Grund­ent­schei­dungen hat der Verwal­tungs­ge­richtshof nicht beanstandet. Er hat ausgeführt, dass die von der Stadt gewählte Pauschalierung der Vorteils­be­stimmung zulässig sei. Da der Vorteil in den durch den Fremdenverkehr erhöhten Verdienst- und Gewinn­mög­lich­keiten liege, dürften auch Unternehmen herangezogen werden, die keinen Gewinn erwirt­schafteten. Die Richtsätze des Bundes­fi­nanz­mi­nis­teriums könnten für die Beitrags­be­messung herangezogen werden, da sie sich an den Verhältnissen eines durch­schnitt­lichen Betriebs der betreffenden Branche orientierten. Die Festlegung der Vorteilsätze sei in sich stimmig und bewege sich ebenfalls in dem der Stadt zustehenden Beurtei­lungs­spielraum. Auch für die Geschäfte, die sich in unmittelbarer Nähe des Kurhauses und der Spielbank befänden (sogenannte Kolonnaden) und die durch die Art der angebotenen (Luxus-)Waren und der Sonntags­öff­nungs­zeiten in besonderem Maße vom Fremdenverkehr lebten, müssten keine besonderen Sätze festgelegt werden. Denn es handele sich um eine nur geringe Anzahl von Geschäften, die bei der zulässigen typisierenden Betrachtung nicht ins Gewicht fielen. Die Höhe des Beitragssatzes begegne keinen rechtlichen Bedenken. Das Beitrags­auf­kommen überschreite nämlich die Aufwendungen der Stadt zur Förderung des Fremdenverkehrs nicht. Vielmehr würden mit dem Aufkommen aus dem Fremdenverkehrsbeitrag in Höhe von ca. 350.000 EUR und dem Aufkommen aus der Kurtaxe in Höhe von ca. 1,4 Mio. EUR nur ein Teil der Aufwendungen von ca. 8,6 Mio. EUR gedeckt, die bei der Stadt für die Herstellung und Unterhaltung der Kur- und Erholungs­ein­rich­tungen anfielen.

Verstoß gegen das Gebot der Abgaben­ge­rech­tigkeit

Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat demgegenüber gerügt, dass der Kreis der Beitrags­pflichtigen unter Verstoß gegen das Gebot der Abgaben­ge­rech­tigkeit abgegrenzt worden ist. So sei die fehlende Einbeziehung der Ärzte und Zahnärzte nicht gerechtfertigt. Auch die Angehörigen dieser Berufsgruppen hätte die Möglichkeit, ortsfremde Personen zu behandeln. Sie zögen damit ebenfalls besondere wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr. Für sie gelte nichts anderes als etwa für Apotheker, Masseure und Kranken­gym­nasten, bei denen die Stadt davon ausgehe, dass ihr Umsatz zu einem nennenswerten Teil fremden­ver­kehrs­bedingt sei. Schließlich fehle auch ein überzeugender Grund, warum bestimmte Gruppen von Bauhandwerkern nicht beitrags­pflichtig seien. Es sei nicht davon auszugehen, dass bei diesen der in der Satzung festgelegte Mindestsatz von 40 EUR regelmäßig nicht erreicht werde.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 21.11.2008

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