18.10.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil08.12.2016

Stuttgart muss Mehrkosten für privaten Platz wegen fehlenden Kitaplatzes erstattenRegulär für städtische Kinder­ta­gesstätte anfallende Kosten sind von Erstattungs­beiträgen abzuziehen

Der Verwaltungs­gerichts­hof Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Landes­hauptstadt Stuttgart dem Kläger, einem 4-jährigen Kind, die Mehrkosten für einen selbst­be­schafften Betreuungsplatz erstatten muss, da sie ihm in den Jahren 2013 und 2014 keinen Platz in einer städtischen Tages­ein­richtung zur Verfügung stellen konnte.

Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Eltern des 2012 geborenen Klägers meldeten diesen gut zwei Monate nach dessen Geburt bei der beklagten Landes­hauptstadt Stuttgart für einen Kitaplatz ab dem 1. Lebensjahr an. Da die Beklagte keinen Betreuungsplatz anbieten konnte, brachten die Eltern ihn von Januar 2013 bis November 2014 in einer privaten Kinderkrippe unter. Die im Zeitraum August 2013 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz) bis November 2014 dadurch entstandenen Mehrkosten machte der Kläger, vertreten durch seine Eltern, beim Verwal­tungs­gericht Stuttgart geltend.

VG bejaht Pflicht zur Übernahme der Kita-Kosten seitens der Stadt

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 5.620 Euro zuzüglich Zinsen und stellte zudem fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres auch die weiteren Kosten für seine Unterbringung in seiner privaten Kinderkrippe in Stuttgart zu erstatten, soweit diese die Kosten überschreiten, die bei einer Unterbringung in einer städtischen Tages­ein­richtung entstehen würden, solange dem Kläger kein zumutbarer Platz in einer städtischen Tages­ein­richtung oder in der Kinder­ta­gespflege durch die Beklagte bereitgestellt wird (vgl. Verwal­tungs­gericht Stuttgart, Urteil v. 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -).

Berufung gegen VG-Urteil überwiegend erfolglos

Die hiergegen gerichtete Berufung hatte überwiegend keinen Erfolg. Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg legte seiner Entscheidung - wie schon das Verwal­tungs­gericht - zugrunde, dass das bloße "Versorgtsein" mit einem Betreuungsplatz in einer privaten Kinder­ta­gesstätte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII die Träger der Jugendhilfe nicht davon entbindet, die zu betreuenden Unter-Dreijährigen in den Kreis der Anspruchs­be­rech­tigten einzubeziehen. Auch der Umstand, dass die Landes­hauptstadt öffentliche Mittel für den Betrieb privat-gewerblicher Tages­ein­rich­tungen zur Verfügung stellt und so mittelbar dazu beiträgt, dass solche Betreu­ungs­plätze neben jenen in städtischen Kinder­ta­gess­tätten zur Verfügung stehen, führt für sich genommen nicht zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf frühkindliche Förderung.

Aufwendungen für selbst beschafften (wohnortnahen) Betreuungsplatz in der privaten Kinder­ta­gesstätte sind dem Grunde erstat­tungsfähig

Der Verwal­tungs­ge­richtshof ging ferner davon aus, dass der Kläger aufgrund der Umstände des zu entscheidenden Falles nicht verpflichtet war, die Verschaffung eines Betreu­ungs­platzes durch die Stadt Stuttgart im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes "einzuklagen". Die Aufwendungen für den vom Kläger selbst beschafften (wohnortnahen) Betreuungsplatz in der privaten Kinder­ta­gesstätte "Early Bird Club" in Stuttgart hält der Verwal­tungs­ge­richtshof deshalb dem Grunde nach entsprechend den Grundsätzen des § 36 a Abs. 3 SGB VIII für erstat­tungsfähig. Von den monatlichen Betreu­ungs­kosten muss der Kläger sich aber grundsätzlich abziehen lassen, was er auch in einer städtischen Kinder­ta­gesstätte aufgewandt hätte. Für ein unwirt­schaft­liches Verhalten des Klägers - etwa eine Luxusbetreuung - sah der Verwal­tungs­ge­richtshof im zu entscheidenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte. Eine Korrektur des verwal­tungs­ge­richt­lichen Urteils war lediglich in Bezug auf einzelne Aufwendungen des Klägers in Höhe von 330 Euro veranlasst.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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