Die Antragstellerin im zugrunde liegenden Fall, die Leiterin einer Kindertageseinrichtung ist, wandte sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die von der Fachhochschule Erfurt mit Sofortvollzug versehene Rücknahme ihrer staatlichen Anerkennung als "Sozialpädagogin" und gegen die Aufforderung zur Rückgabe der entsprechenden Urkunde.
Die Antragstellerin hatte als staatlich anerkannte Erzieherin von September 2007 bis August 2010 erfolgreich den berufsbegleitenden Bachelorstudiengang "Bildung und Erziehung von Kindern" an der Fachhochschule Erfurt absolviert. Im Rahmen einer feierlichen Zeugnisverteilung war ihr zusammen mit dem Bachelorzeugnis und der Bachelorurkunde auch die Bescheinigung über die staatliche Anerkennung als Sozialpädagogin überreicht worden. Nachdem das Thüringer Sozialministerium die Auffassung vertrat, dass die Verleihung der staatlichen Anerkennung an Absolventen des von der Antragstellerin abgeschlossenen Studiengangs vom Thüringer Gesetz über die staatliche Anerkennung sozialpädagogischer Berufe nicht gedeckt war, hatte die Fachhochschule die Rücknahme der staatlichen Anerkennung und Rückgabe der Urkunde verfügt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Weimar ist der dagegen gerichtete zulässige Antrag der Antragstellerin nicht begründet. Gemäß § 48 Abs. 1 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Obwohl die Entscheidung über die Rücknahme eine Ermessensentscheidung ist, war der Fachhochschule nach Auffassung des Gerichts eine andere Entscheidung als die Rücknahme vorliegend offensichtlich nicht möglich, weil die Verleihung der staatlichen Anerkennung als "Sozialpädagogin" sich als rechtswidrig erweise. Gemäß § 1 Abs. 1 des Thüringer Sozialberufe- Anerkennungsgesetzes kann eine solche Anerkennung auf Antrag erhalten, wer einen Abschluss an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule in Thüringen oder den Berufsakademien Eisenach oder Gera in einem Studiengang des Sozialwesens erworben hat. Wie sich bereits aus der Begründung zu § 1 des Gesetzes in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahr 1996 ergibt, sollte damit derjenige Personenkreis eine staatliche Anerkennung erfahren, der einen Abschluss als "Sozialarbeiter/in" oder "Sozialpädagoge/ in" erworben hat. Daran hat sich, so das Gericht, weder etwas durch die Gesetzesänderung im Jahre 2005 noch durch die geltende Fassung des Gesetzes aus dem Jahre 2007 geändert. Gemeint seien nach wie vor Absolventen, die entweder "Sozialpädagogik" oder "Sozialarbeit" studiert hätten.
Einen solchen Studiengang habe die Antragstellerin unzweifelhaft nicht absolviert. Die Verleihung der staatlichen Anerkennung als "Sozialpädagogin" durch die Hochschule sei daher in völliger Verkennung der Rechtslage erfolgt. Das Gericht führte weiter aus, dass der Antragstellerin durch die staatliche Anerkennung als "Sozialpädagogin" Kenntnisse und Fähigkeiten attestiert würden, die sie aufgrund ihrer Ausbildung nicht besitze. Da dieser staatlichen Anerkennung sowohl bei Einstellungen, als auch bei der Entlohnung eine zumindest wesentliche, wenn nicht gar entscheidende Bedeutung zukomme, sei der Fachhochschule nichts anderes übriggeblieben, als die staatliche Anerkennung als "Sozialpädagogin" zurückzunehmen und die entsprechende Urkunde zurückzufordern.
Das Gericht merkte allerdings ergänzend an, dass durch die Rücknahmeentscheidung der von der Antragstellerin erworbene Hochschulabschluss nicht beeinflusst werde. Das Gericht geht davon aus, dass spätestens im nächsten Jahr die rechtlichen Grundlagen für eine sachgerechte staatliche Anerkennung der Ausbildung der Antragstellerin geschaffen sein werden und das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit bereits zum jetzigen Zeitpunkt bereit sei, der Antragstellerin eine vorläufige Bestätigung auszustellen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.07.2011
Quelle: Verwaltungsgericht Weimar/ra-online