Die außerhalb der zum 01.03.2008 eingerichteten Umweltzone wohnende 64jährige Klägerin hat als einziges Fahrzeug ein 1991 zugelassenes Wohnmobil. Für dieses Fahrzeug gilt als Kraftfahrzeug der Schadstoffklasse 1 nach der Kennzeichnungsverordnung ein ganzjähriges Fahrverbot in der Umweltzone. Das Landratsamt erteilte der Klägerin am 25.02.2008 zwar die Ausnahme vom Fahrverbot für den Fahrtzweck „Wahrnehmung von Arztbesuchen in der Umweltzone“. Das Landratsamt lehnte es aber ab, der Klägerin auch für Fahrten zum Verlassen der Umweltzone zu Urlaubszwecken, für Zwecke der Haupt- und Abgasuntersuchung sowie für technische Fahrten (Tanken, Probefahrten nach Reparaturen) eine Befreiung vom Fahrverbot zu erteilen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, würden die Fahrten, welche die Klägerin mit ihrem Fahrzeug durchführen wolle, generell allen erlaubt, würde das Ziel, die Feinstaubbelastung zu verringern, nicht erreicht. Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos.
Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht Stuttgart aus, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung einer weitergehenden Ausnahme vom Fahrverbot habe. Sie dürfe mit ihrem Wohnmobil ohne Ausnahmeerteilung die Umweltzone nicht befahren. Diese Zone sei aufgrund des Luftreinhalte-/Aktionsplans des Regierungspräsidiums Stuttgart vom Mai 2006 und der in der Folge durch die Straßenverkehrsbehörde durchgeführten Maßnahmen rechtmäßig eingerichtet worden. Da das Wohnmobil der Klägerin der Schadstoffklasse 1 angehöre, könne ihr keine Plakette erteilt werden.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer weiteren Ausnahme, Überwiegende oder unaufschiebbare Interessen der Klägerin würden die Ausnahmeerteilung nicht erfordern. Sie müsse nicht in Umweltzonen fahren, wenn sie mit ihrem Wohnmobil Urlaub machen wolle. Falls sie ihr Reiseziel wegen der Umweltzonen nicht auf dem direkten Weg erreichen könne, wäre es ihr zuzumuten, einen Umweg zu fahren und ihre Fahrten entsprechend zu planen. Gleichfalls sei es ihr zuzumuten, ihr Wohnmobil zu einer Werkstatt und zu einer Entsorgungsstation zu bringen, die außerhalb der Umweltzone liegen würden. Durch die Einschränkungen in der Nutzung ihres Wohnmobils werde die Klägerin nicht in ihren Grundrechten verletzt, insbesondere nicht in ihrem Eigentumsrecht (Art. 14 des Grundgesetzes). Die Beschränkungen, denen sie unterliege, seien durch die Sozialbindung des Eigentums gerechtfertigt. Ihr fast 18 Jahre altes Wohnmobil stoße im Vergleich zu neueren Kraftfahrzeugen besonders viele Schadstoffe aus, die umweltschädigend seien. Der Gesetzgeber dürfe für sein wichtiges umweltpolitisches Ziel, die Feinstaubbelastung zu reduzieren, die Nutzung solcher Kraftfahrzeuge einschränken. Die Klägerin werde hierdurch nicht übermäßig belastet. Sie könne ihr Wohnmobil in weiten Teilen Deutschlands nach wie vor ungehindert nutzen; sie dürfe nur nicht in solche Gebiete fahren, in denen die Schadstoffbelastung (durch Messungen bestätigt) besonders hoch sei. Auch der Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) werde nicht verletzt, da die unterschiedlichen Rechtsfolgen für Kraftfahrzeuge nicht willkürlich, sondern sachlich begründet seien, nämlich mit dem unterschiedlich hohen Schadstoffausstoß der jeweiligen Kraftfahrzeuge.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.06.2009
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 25.06.2009