Dokument-Nr. 18978
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil01.10.2014
Ermäßigter Rundfunkbeitrag für behinderte Menschen mit Merkzeichen RF rechtmäßigBehinderte Menschen mit Merkzeichen RF waren früher von der Rundfunkgebühr gänzlich befreit
Die am 1.1.2013 eingeführte Erhebung eines ermäßigten Rundfunkbeitrags von Behinderten mit Merkzeichen "RF", die bis Ende 2012 von der alten Rundfunkgebühr befreit waren, ist rechtmäßig. Dies hat das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden. Der schwerbehinderte (gehbehinderte) Kläger hatte gegen den Südwestrundfunk - SWR - geklagt.
Seit Inkrafttreten des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags zum 01. Januar 2013 müssen grundsätzlich alle Haushalte einen Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,98 € entrichten, unabhängig davon, ob ein Fernseher oder Radio vorhanden ist.
Behinderte mit Merkzeichen RF konnten sich früher von der Rundfunkgebühr befreien lassen
Bis Ende 2012 konnten sich Behinderte von der Zahlung der Rundfunkgebühren befreien lassen, wenn sie das Merkzeichen "RF" in ihrem Schwerbehindertenausweis hatten. Dieses wurde unter anderem erteilt, wenn der schwerbehinderte Mensch ans Haus gebunden war und dabei mindestens einen Grad der Behinderung von 80 hatte. Mit dem jetzt eingeführten Rundfunkbeitrag wurden die Befreiungsregelungen geändert. Befreit sind weiterhin Hartz-IV-Bezieher, Asylbewerber oder auch Empfänger von Blindenhilfe. Schwerbehinderte mit dem Merkzeichen "RF" müssen dagegen nun einen ermäßigten Beitrag (ein Drittel von 17,98 € ) zahlen.
Kläger verlangt Befreiung vom Rundfunkbeitrag
Der schwerbehinderte (gehbehinderte) Kläger, der über das Merkzeichen "RF" in seinem Schwerbehindertenausweis verfügt, war seit Mai 2005 von der Rundfunkbeitragspflicht befreit. Der Kläger machte geltend, wegen seiner Behinderung müsse ihm wie bisher der gesamte Rundfunkbeitrag erlassen werden.
Der Kläger wandte sich außerdem gegen die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags, der eine Steuer darstelle, für die die Bundesländer keine Kompetenz besäßen. Er rügte auch eine Verletzung der informationellen Selbstbestimmung durch das bundesweite zentrale Register der Wohnungs- und Betriebsstätteninhaber und machte geltend, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht ansatzweise seinen Auftrag der Grundversorgung erfülle.
Verwaltungsgericht weist Klage ab
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage abgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich der beanstandeten Rundfunkbeitragspflicht keine europarechtlichen oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Den geltend gemachten Einwendungen folgte die Kammer nicht.
Verwaltungsgericht: Länder hatten für Rundfunkbeitrag die Gesetzgebungskompetenz
Die Länder hätten für die Einführung des Rundfunkbeitrags die Gesetzgebungskompetenz.
Verwaltungsgericht: Rundfunkbeitrag ist nicht einer Steuer gleichzusetzen
Der Rundfunkbeitrag käme nicht einer Steuer gleich, da der Rundfunkbeitrag als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben werde (vgl. gleiche Rechtsauffassung: Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil v. 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12; ebenso VG Bremen, Urteil v. 20.12.2013 - 2 K 570/13 und 2 K 605/13). Dieses Austauschverhältnis zwischen Beitrag und Rundfunknutzung werde auch nicht dadurch infrage gestellt, dass, wie der Kläger meint, der Marktanteil des "ARD-ZDF-Verbunds" mittlerweile auf nur noch etwas mehr als ein Drittel gesunken sei. Hieraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass die Gesamtheit aller Rundfunkteilnehmer bezogen auf die Hör- bzw. Sehdauer mehr private als öffentlich-rechtliche Programme nutzten. Dagegen sage der Marktanteil an sich über die Zahl derjenigen, die öffentlich-rechtliche Programme überhaupt nutzten, nichts aus.
Gleichheitsgebot nicht verletzt
Durch die Anbindung der Beiträge an die Wohnungsinhaber werde auch nicht das Gleichheitsgebot verletzt. Bei der Erhebung von Rundfunkbeiträgen sei der Gesetzgeber befugt, in weitem Umfang zu generalisieren, zu pauschalieren und zu typisieren. Auch die Ermäßigung des Rundfunkbeitrags für behinderte Menschen auf - nur - ein Drittel sei rechtlich korrekt. Eine völlige Freistellung vom Rundfunkbeitrag wie bis bisher könne der Kläger nicht fordern. Eine generelle vollständige Rundfunkbeitragsermäßigung für behinderte Menschen würde verfassungsrechtlich mit dem Gleichheitssatz kollidieren, da es hierfür keinen sachlichen Grund gebe. Das Merkzeichen "RF" entspreche nicht mehr den gewandelten gesellschaftlichen Bedingungen und es sei sozial nicht geboten, finanziell nicht bedürftigen Personengruppen die Rundfunk- und Fernsehnutzung vollständig zu finanzieren.
Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung ist gerechtfertigt
Der Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung durch den Meldeabgleich sei gerechtfertigt. Soweit darüber hinaus Grundrechtsverstöße hinsichtlich der allgemeinen Handlungsfreiheit, der Informationsfreiheit und der Religionsfreiheit geltend gemacht wurden, sei bereits der Schutzbereich dieser Grundrechte nicht berührt.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.10.2014
Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Stuttgart (pm/pt)
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