21.11.2024
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil20.09.2011

Domina-Studio in Gewerbegebiet unzulässigVergnü­gungs­stätten und Gewerbebetriebe, die der gewerblichen Unzucht dienen, gemäß Bebauungsplan ausgeschlossen

Sind in einem Bebauungsplan eines Gewerbegebiets Vergnü­gungs­stätten und Gewerbebetriebe, die der gewerblichen Unzucht dienen, ausgeschlossen, ist gegen eine Nutzungs­un­ter­sa­gungs­ver­fügung für den Betrieb eines Domina-Studios rechtlich nichts einzuwenden. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Stuttgart hervor.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls betreibt ein Domina-Studio in einem ehemaligen Wohngebäude, das sich in einem Gewerbegebiet in Esslingen befindet. Das Baurechtsamt ist der Auffassung, die Nutzung sei baupla­nungs­rechtlich unzulässig, weshalb sie zu unterlassen sei. Sie bezieht sich auf den für das Gebiet geltenden Bebauungsplan, der ein Gewerbegebiet festsetzt, in dem allerdings ausdrücklich Vergnü­gungs­stätten und Gewerbebetriebe, die der gewerblichen Unzucht dienen, ausgeschlossen sind. Die Klägerin bezweifelt jedoch die Gültigkeit dieses Bebauungsplans und ist der Auffassung, dass die Nutzungsart als sonstiges Gewerbe zulässig sei. Das Gebiet sei auch nicht als Sperrgebiet festgesetzt und im Übrigen gebe es in 600 m Entfernung ein schon längere Zeit von der Stadt geduldetes Bordell.

Ausschluss des Domina-Studios aus Gewerbegebiet erfolgt zur Vermeidung eines „Trading-down-Effekts“

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart wies die Klage der Betreiberin des Domina-Studios gegen die Nutzungs­un­ter­sa­gungs­ver­fügung der Baurechts­behörde jedoch ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die nicht genehmigte Nutzung des von der Klägerin gemieteten Wohngebäudes als Domina-Studio baupla­nungs­rechtlich unzulässig sei. Der für das Gebiet geltende Bebauungsplan schließe Vergnü­gungs­stätten sowie Gewerbebetriebe, die der gewerblichen Unzucht - wie der der Klägerin - dienten, aus. Dieser Ausschluss sei wirksam, denn hierfür lägen besondere städtebauliche Gründe vor. Der Ausschluss durch die Stadt Esslingen sei nicht aus einer sittlichen Bewertung dieser Betriebe erfolgt, sondern wegen des städtebaulichen Konflikt­po­tenzials in dem traditionell handwerklich geprägten Gewerbegebiet und zur Vermeidung eines „Trading-down-Effekts“. Bei dem Ausschluss von der gewerblichen Unzucht dienenden Gewer­be­be­trieben handle es sich auch nicht um eine unzulässige Negativplanung. Es sei der ausdrücklicher Wille des Gemeinderats der Stadt gewesen, derartige Nutzungen auszuschließen, um u.a. eine unerwünschte Struk­tur­ver­än­derung des konkreten Gewerbegebietes zu verhindern. Die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans scheitere daran, dass die von der Klägerin beanspruchte Abweichung dem planerischen Grundkonzept der Stadt zuwider laufe. Soweit sich die Klägerin auf ein in der Nähe befindliches Bordell berufe, könne sie hieraus keine Rechte herleiten, weil für dieses Bordell eine bestands­kräftige Nutzungs­un­ter­sa­gungs­ver­fügung vorliege und es derzeit nur geduldet werde. Das Bordell befinde sich außerdem in einem anderen Plangebiet, in welchem derzeit ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werde, der eine mögliche Legalisierung vorsehe.

Im Prosti­tu­ti­o­ns­gesetz getroffenen zivil- und strafrechtliche Bestimmungen haben keinen maßgebenden Einfluss auf öffentliches Baurecht

Auch der Hinweis der Klägerin, dass die Ausübung der Prostitution nach Inkrafttreten des Prosti­tu­ti­o­ns­ge­setzes nicht mehr als sittenwidrig gelte, rechtfertige keine andere rechtliche Beurteilung. Die im Prosti­tu­ti­o­ns­gesetz getroffenen zivil- und straf­recht­lichen Bestimmungen hätten keinen maßgebenden Einfluss auf das öffentliche Baurecht. Das öffentliche Baurecht sei sozialethisch neutral.

Betrieb des Domina-Studios wurde ohne erforderliche baurechtliche Genehmigung aufgenommen

Besonders schutzwürdige Interessen der Klägerin seien nicht zu berücksichtigen gewesen. Sie habe den Betrieb ohne die erforderliche baurechtliche Genehmigung aufgenommen. Sie habe sich vor Abschluss des Mietvertrages und der von ihr vorgenommenen Umbaumaßnahmen nicht bei der Baurechts­behörde erkundigt, ob die Nutzung in diesem Gebiet zulässig sei. Die getätigten finanziellen Aufwendungen für den Umbau des Wohngebäudes habe sie auf eigenes Risiko vorgenommen. Dass die Nutzung des Wohngebäudes als Domina-Studio von der Nachbarschaft nicht beanstandet werde, ändere an der Rechtwidrigkeit der Nutzung nichts. Die Klägerin könne auch nicht verlangen, dass der für ihr Grundstück maßgebliche Bebauungsplan geändert werde. Denn der Bürger habe keinen Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplans. Es liege im Übrigen auch im grundsätzlich weiten planerischen Ermessen der Stadt, ob und in welchem Umfang und mit welchem Inhalt eine Bebau­ungs­planung betrieben werde.

Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart/ra-online

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