Dokument-Nr. 17751
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- NJW 2000, 970Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2000, Seite: 970
- Polizei darf bei massiver Ruhestörung eine Wohnung durchsuchen und Lärm verursachende Geräte beschlagnahmenOberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss25.03.2010, 14 Wx 9/10
- Absichtlich lautes Abspielen der Musikanlage und Herunterknallen der Rollläden in der Nacht stellt Ordnungswidrigkeit darAmtsgericht Düsseldorf, Urteil03.07.1991, 301 OWi/906 Js 552/91
Verwaltungsgericht Schleswig Urteil15.06.1999
Festnahme wegen Störung der Nachtruhe durch laute Musik und trommeln gegen die Wand kann zulässig seinFestnahme als einziges Mittel zur Unterbindung der Ruhestörung
Ist die Festnahme der störenden Person das einzige Mittel, um eine nächtliche Ruhestörung durch zu laute Musik und trommeln gegen die Wand zu unterbinden, so ist sie zulässig. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 1996 suchten zwei Polizeibeamte in der Nacht mehrmals einen Wohnungsinhaber auf, weil dieser zu laut Musik hörte und daher die Nachtruhe störte. Nachdem er zusätzlich noch gegen die Wand trommelte und sich gegenüber den Polizeibeamten äußerte, er würde die Musik wieder aufdrehen, wenn sie wieder gehen würden, wurde er festgenommen und bis zum nächsten morgen 6 Uhr auf der Polizeiwache festgehalten. Nachfolgend musste sich das Verwaltungsgericht Schleswig mit der Zulässigkeit dieser Maßnahmen beschäftigen.
Ingewahrsamnahme war rechtmäßig
Das Verwaltungsgericht Schleswig entschied, dass die Ingewahrsamnahme rechtmäßig war. Nach § 204 Abs. 1 Nr. 2 Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein (SchlHLVwG) könne eine Person in Gewahrsam genommen werden, wenn dies unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern. Ein solcher Fall habe hier vorgelegen. Der Wohnungsinhaber habe eine Ordnungswidrigkeit nach § 117 Abs. 1 OWiG begangen. Angesichts der erheblichen Störung der Nachtruhe sei diese auch von erheblicher Bedeutung gewesen.
Milderes Mittel lag nicht vor
Zwar sei es richtig, so das Verwaltungsgericht weiter, dass die Ingewahrsamnahme unerlässlich sein muss und daher zunächst mildere Maßnahmen ergriffen werden müssen. Das in Gewahrsam nehmen sei jedoch das einzige Mittel gewesen, die Lärmbelästigung dauerhaft zu beenden. So haben die Polizeibeamten angesichts der Äußerung des Wohnungsinhabers und seiner Schläge gegen die Wand den Schluss ziehen dürfen, dass es auch nach Wegnahme der Stereoanlage zu weiteren Lärmbelästigungen kommen würde.
Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 2 SchlHLVwG nicht verfassungswidrig
Die Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 2 SchlHLVwG sei zudem nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht wegen einer Unverhältnismäßigkeit verfassungswidrig gewesen. Denn auch Ordnungswidrigkeiten können so gemeinschaftswidrig und sozialschädlich sein, dass es der Polizei ermöglicht werden muss, dagegen präventiv notfalls auch mit einer Festnahme und einem Festhalten in Polizeigewahrsam vorzugehen.
Kein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 EMRK
Darüber hinaus habe die Vorschrift nach Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht gegen Art. 5 Abs. 1 EMRK verstoßen. Zwar sei nach dieser Norm eine Freiheitsentziehung nur zulässig, wenn sie notwendig ist, um den Betreffenden an der Begehung einer strafbaren Handlung zu hindern. Unter dem Begriff der "strafbaren Handlung" falle aber auch eine Ordnungswidrigkeit.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.02.2014
Quelle: Verwaltungsgericht Schleswig, ra-online (zt/NJW 2000, 970/rb)
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