21.11.2024
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Verwaltungsgericht Schleswig Urteil15.06.1999

Festnahme wegen Störung der Nachtruhe durch laute Musik und trommeln gegen die Wand kann zulässig seinFestnahme als einziges Mittel zur Unterbindung der Ruhestörung

Ist die Festnahme der störenden Person das einzige Mittel, um eine nächtliche Ruhestörung durch zu laute Musik und trommeln gegen die Wand zu unterbinden, so ist sie zulässig. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Schleswig hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 1996 suchten zwei Polizeibeamte in der Nacht mehrmals einen Wohnungsinhaber auf, weil dieser zu laut Musik hörte und daher die Nachtruhe störte. Nachdem er zusätzlich noch gegen die Wand trommelte und sich gegenüber den Polizeibeamten äußerte, er würde die Musik wieder aufdrehen, wenn sie wieder gehen würden, wurde er festgenommen und bis zum nächsten morgen 6 Uhr auf der Polizeiwache festgehalten. Nachfolgend musste sich das Verwal­tungs­gericht Schleswig mit der Zulässigkeit dieser Maßnahmen beschäftigen.

Ingewahr­samnahme war rechtmäßig

Das Verwal­tungs­gericht Schleswig entschied, dass die Ingewahr­samnahme rechtmäßig war. Nach § 204 Abs. 1 Nr. 2 Landes­ver­wal­tungs­gesetz Schleswig-Holstein (SchlHLVwG) könne eine Person in Gewahrsam genommen werden, wenn dies unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungs­wid­rigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern. Ein solcher Fall habe hier vorgelegen. Der Wohnungsinhaber habe eine Ordnungs­wid­rigkeit nach § 117 Abs. 1 OWiG begangen. Angesichts der erheblichen Störung der Nachtruhe sei diese auch von erheblicher Bedeutung gewesen.

Milderes Mittel lag nicht vor

Zwar sei es richtig, so das Verwal­tungs­gericht weiter, dass die Ingewahr­samnahme unerlässlich sein muss und daher zunächst mildere Maßnahmen ergriffen werden müssen. Das in Gewahrsam nehmen sei jedoch das einzige Mittel gewesen, die Lärmbelästigung dauerhaft zu beenden. So haben die Polizeibeamten angesichts der Äußerung des Wohnungs­in­habers und seiner Schläge gegen die Wand den Schluss ziehen dürfen, dass es auch nach Wegnahme der Stereoanlage zu weiteren Lärmbe­läs­ti­gungen kommen würde.

Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 2 SchlHLVwG nicht verfas­sungs­widrig

Die Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 2 SchlHLVwG sei zudem nach Ansicht des Verwal­tungs­ge­richts nicht wegen einer Unver­hält­nis­mä­ßigkeit verfas­sungs­widrig gewesen. Denn auch Ordnungs­wid­rig­keiten können so gemein­schafts­widrig und sozialschädlich sein, dass es der Polizei ermöglicht werden muss, dagegen präventiv notfalls auch mit einer Festnahme und einem Festhalten in Polizeigewahrsam vorzugehen.

Kein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 EMRK

Darüber hinaus habe die Vorschrift nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts auch nicht gegen Art. 5 Abs. 1 EMRK verstoßen. Zwar sei nach dieser Norm eine Freiheits­ent­ziehung nur zulässig, wenn sie notwendig ist, um den Betreffenden an der Begehung einer strafbaren Handlung zu hindern. Unter dem Begriff der "strafbaren Handlung" falle aber auch eine Ordnungs­wid­rigkeit.

Quelle: Verwaltungsgericht Schleswig, ra-online (zt/NJW 2000, 970/rb)

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