18.10.2024
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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss11.04.2017

Angebot von Flammkuchen und Nachos in Raucher­gast­stätte unzulässigAuf Speisekarten aufgeführte Speisen können nicht als untergeordnete Nebenleistung angesehen werden

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt hat entschieden, dass die Stadt Landau der Betreiberin einer sogenannten Raucher­gast­stätte in der Innenstadt von Landau zu Recht aufgegeben hat, die Gaststätte künftig als Nicht­raucher­gast­stätte zu führen, weil sie nicht nur einfach zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle anbietet.

Die Antragstellerin des zugrunde liegenden Streitfalls betreibt in der Innenstadt von Landau eine sogenannte Raucher­gast­stätte. Die Gaststätte besteht aus einem Hauptschankraum im Erdgeschoss (ca. 50 qm) mit 40 Sitzplätzen. Daneben verfügt die Antragstellerin über 80 Sitzplätze im Freien auf einer Fläche von rund 100 m². In ihrer Gaststätte bietet die Antragstellerin neben Getränken unter anderem folgende Speisen an: Kuchen, Baguettes, Nachos, Flammkuchen, gebackenen Schafskäse, Apfelstrudel, wobei Schafskäse und Apfelstrudel laut Speisekarte nur im Rahmen der Außenbewirtung erhältlich sind.

Angebotene Speisen stellen keine einfach zubereitete Speisen im Sinne des Nicht­rau­cher­schutz­ge­setzes dar

Bereits im Jahre 2010 - zu diesem Zeitpunkt entsprach das Speisenangebot der Antragstellerin bereits weitgehend dem heutigen Angebot - ordnete die Stadt Landau an, dass die Gaststätte der Antragstellerin als Nicht­rau­cher­gast­stätte zu führen ist. Auf den Widerspruch der Antragstellerin hob die Stadt den Bescheid wieder auf. In den Folgejahren nahm die Stadt gelegentlich Kontrollen in der Gaststätte der Antragstellerin vor und beanstandete, dass nicht nur einfach zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle angeboten würden. Mit Bescheid vom 27. März 2017 gab die Stadt der Antragstellerin dann unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, den Hauptschankraum der Gaststätte ab sofort rauchfrei zu führen und dafür Sorge zu tragen, dass das gesetzliche Rauchverbot in der Gaststätte eingehalten wird. Zur Begründung führte die Stadt aus, dass es sich bei den angebotenen Speisen nicht mehr um einfach zubereitete Speisen im Sinne des § 7 des Nicht­rau­cher­schutz­ge­setzes (NRSG) handele.

Antragstellerin hält Anordnung der Stadt für willkürlich

Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein und stellte zugleich einen Antrag auf gerichtlichen vorläufigen Rechtsschutz. Zur Begründung führte sie aus, dass sie nur kleine Speisen als Nebenleistung in ihrer hauptsächlich durch den Geträn­ke­aus­schank geprägten Gaststätte anbiete. Die Anordnung des Sofortvollzuges sei willkürlich und nicht geboten. Die Stadt habe den Betrieb der Gaststätte bewusst fast sieben Jahre lang geduldet, ohne dass das Speisenangebot der Antragstellerin beanstandet worden wäre. Sie hätte sich deshalb darauf verlassen, dass sie sich in einem rechtlich einwandfreien Rahmen bewegt habe.

Antragstellerin bietet in Gaststätte nicht nur einfach zubereitete Speisen als untergeordnete Nebenleistung an

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt lehnte den Antrag weitgehend abgelehnt und führte zur Begründung aus, dass die an die Antragstellerin gerichtete Aufforderung, dafür Sorge zu tragen, dass das gesetzliche Rauchverbot in der Gaststätte eingehalten wird, rechtmäßig sei. Denn die Antragstellerin erlaube in ihrer Gaststätte das Rauchen, obwohl sie die Voraussetzungen für eine Raucherlaubnis nicht erfülle. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 NRSG seien Gaststätten rauchfrei. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sehe § 7 Abs. 2 Satz 1 NRSG für Gaststätten mit nur einem Gastraum und einer Grundfläche von weniger als 75 m² vor. Der Betreiber einer solchen Gaststätte könne das Rauchen erlauben. Voraussetzung für eine Raucherlaubnis sei u.a., dass in der Gaststätte keine oder nur einfach zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle als untergeordnete Nebenleistung verabreicht würden. Die Antragstellerin biete in ihrer Gaststätte aber nicht nur einfach zubereitete Speisen als untergeordnete Nebenleistung an. "Einfache Speisen" im Sinne des Nicht­rau­cher­schutz­ge­setzes seien lediglich kleine Speisen, die - als untergeordnete Nebenleistung - für den Bereich der geträn­ke­ge­prägten Klein­ga­s­tronomie typisch seien und überwiegend "aus der Hand" gegessen werden könnten. Das Verabreichen von Speisen dürfe nicht prägend für den Gaststät­ten­betrieb sein. Würden Speisen etwa auf Speisekarten aufgeführt, könne man nicht mehr von einer untergeordneten Nebenleistung sprechen. Hiernach erfülle das Speisenangebot in der Gaststätte der Antragstellerin, wie es der Getränke- und Speisekarte entnommen werden könne, nicht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 NRSG für eine Raucherlaubnis. So zählten mehrere der angebotenen Speisen zu den in der Geset­zes­be­gründung angeführten Beispielen für nicht einfach zubereitete Speisen, nämlich Kuchen und Speiseeis. Um keine "einfache Speisen" handele es sich auch bei den angebotenen "Nachos" und beim Flammkuchen. Die Speisen würden auch nicht als untergeordnete Nebenleistung verabreicht. Bereits der Umstand, dass die Antragstellerin über eine Speisekarte verfüge, spreche durchgreifend gegen die Annahme, ihr Lokal würde in erster Linie zum Genuss von Getränken aufgesucht und Speisen spielten nur eine untergeordnete Rolle.

Zuvor aufgehobene vergleichbare Ordnungs­ver­fügung begründet keinen daraus herleitbaren Vertrau­ens­schutz für Antragstellerin

Der offen­sicht­lichen Rechtmäßigkeit der Aufforderung an die Antragstellerin, ihre Gaststatte rauchfrei zu führen sowie dafür Sorge zu tragen, dass das gesetzliche Rauchverbot in der Gaststätte eingehalten werde, stehe auch nicht entgegen, dass die Stadt im Juli 2010 bereits eine vergleichbare Ordnungs­ver­fügung erlassen, anschließend aber aufgehoben und trotz weiterer Kontrollen und einer Anhörung im Jahre 2012 aus welchen Gründen auch immer über sechseinhalb Jahre nicht tätig geworden sei. Die Antragstellerin könne daraus insbesondere keinen Vertrau­ens­schutz herleiten. Auch ein jahrelanges Untätigbleiben hindere eine Behörde nicht daran, Maßnahmen zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu ergreifen. Denn polizeiliche bzw. ordnungs­rechtliche Eingriffs­be­fugnisse auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr könnten nicht verwirkt werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ra-online

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