Dokument-Nr. 18584
Permalink https://urteile.news/
- Mutter mit mangelnden einfachen Deutschkenntnissen zur Teilnahme an Integrationskurs verpflichtetVerwaltungsgericht Neustadt, Urteil09.12.2010, 2 K 870/10.NW
- Einbürgerungsanspruch trotz unzureichender DeutschkenntnisseVerwaltungsgericht Stuttgart, Urteil02.12.2011, 11 K 839/11
- BVerwG: Erfordernis einfacher Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug im Einklang mit Grundgesetz und EuroparechtBundesverwaltungsgericht, Urteil30.03.2010, BVerwG 1 C 8.09
Verwaltungsgericht Münster Urteil21.07.2014
Niederlassungserlaubnis für Türkin setzt Vorhandensein einfacher Deutschkenntnisse vorausErfordernis ausreichender Deutschkenntnisse ist mit Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen der früheren EWG und der Türkei vereinbar
Das Verwaltungsgericht Münster hat entschieden, dass der Anspruch einer in Deutschland lebenden türkischen Staatsangehörigen auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis voraussetzt, dass sie sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen kann.
Die 1960 geborene Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens reiste 1990 zum Zweck der Familienzusammenführung nach Deutschland ein und lebt jetzt mit ihrer Familie in Ahlen. 1993 wurde ihr eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Anfang 2013 beantragte sie die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Diese lehnte der Kreis Warendorf mit der Begründung ab, die Klägerin habe nicht nachweisen können, über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache zu verfügen.
Klägerin verweist auf EuGH-Entscheidung zur Unzulässigkeit von Nachweisen über Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug
Demgegenüber hatte die Klägerin unter anderem geltend gemacht, in ihrem Fall sei das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Juli 2014 anwendbar, wonach die deutschen ausländerrechtlichen Vorschriften gegen das Recht auf Freizügigkeit und Familienzusammenführung verstießen, soweit dem Ehegatten eines im Inland rechtmäßig wohnenden türkischen Staatsangehörigen ein Visum zum Zwecke des Ehegattennachzugs nur erteilt werde, wenn einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachgewiesen seien. In ihrem Fall liege auch eine Härte vor, bei der von der Voraussetzung der ausreichenden Deutschkenntnisse abzusehen sei. Denn wegen ihres erheblich reduzierten Gesundheitszustands sei sie nicht in der Lage, einen Deutschkurs zu besuchen.
Klägerin ist Erfüllung des Spracherfordernisses trotz Erkrankung möglich
Das Verwaltungsgericht Münster wies die Klage ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Niederlassungserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz voraussetze, dass sich der betreffende Ausländer auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen könne. Dazu sei die Klägerin nicht in der Lage. Bei einer Vorsprache bei der Ausländerbehörde im März 2014 habe sie einfache, an sie gerichtete Fragen nicht verstehen können. Von der Voraussetzung der ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache könne hier auch nicht abgesehen werden. Die Klägerin sei trotz ihrer Erkrankung nicht dauerhaft außerstande, das Spracherfordernis zu erfüllen. Das Erfordernis der ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache sei auch mit dem Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen der früheren EWG und der Türkei vereinbar.
Klägerin verfügt über Aufenthaltsrecht - Nichterfüllung der sprachlichen Integrationsvoraussetzungen führt lediglich zur Verweigerung der Niederlassungserlaubnis
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Juli 2014 sei auf den Fall der Klägerin nicht zu übertragen. Das im Aufenthaltsgesetz normierte Spracherfordernis stelle keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, denn durch das Spracherfordernis werde das Recht, in jedem Ort in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen, nicht tangiert. Die Klägerin verfüge über ein Aufenthaltsrecht in Deutschland. Sie halte sich seit mehr als zwanzig Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Nichterfüllung der sprachlichen Integrationsvoraussetzungen führe lediglich dazu, dass ihr eine Niederlassungserlaubnis, also eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, nicht erteilt werde. Damit werde ihr Aufenthalt in Deutschland und die Familienzusammenführung mit ihrem in Deutschland lebenden türkischen Ehemann – anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall – in keiner Weise erschwert.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.07.2014
Quelle: Verwaltungsgericht Münster/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil18584
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.