21.11.2024
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Verwaltungsgericht Kassel Urteil25.06.2010

Mutter minderjähriger Kinder vom Ehemann ermordet: Kinder müssen Jahre später nicht für Bestat­tungs­kosten des Vaters aufkommenKostenübernahme würde unzumutbare Härte darstellen

Wird die Mutter von minderjährigen Kindern vom Ehemann ermordet, mit der Folge, dass die Kinder in einem Heim untergebracht und auch nach der Freilassung des Vaters keinen Kontakt mehr zu diesem haben, kann von den Kindern nach dem späteren Tot des Vaters nicht die Kostenübernahme für die Bestattung verlangt werden. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Kassel.

Im zugrunde liegenden Fall tötete der Vater des Klägers im Jahr 1992 die Mutter des Klägers, als dieser 13 Jahre alt war. Wegen Totschlags wurde der Vater zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren und 6 Monaten verurteilt, die er wegen eines erfolglosen Fluchtversuchs auch vollständig verbüßte. Der Kläger und sein damals 12 Jahre alter Bruder wurden ca. 4 Jahre in einer Pflegefamilie untergebracht. Nach der Haftentlassung des Vaters hatten die Brüder keinen Kontakt zum Vater. Wegen des Tötungsdelikts wurden sie auch von ihrer grundsätzlichen Unter­halts­pflicht gegenüber ihrem Vater freigestellt.

Sachverhalt

Am 18. Januar 2010 fanden Polizeibeamte die Leiche des Vaters des Klägers auf einem Garten­grundstück im Stadtgebiet der Beklagten. Als Sofortmaßnahme beauftragten die Beamten ein Bestat­tungs­un­ter­nehmen mit der Bergung der Leiche. Der Leiter des Ordnungsamts der Beklagten setzte sich mit dem Kläger telefonisch in Verbindung und bat um die für die Bestattung der Leiche erforderlichen Aufträge. Der Kläger weigerte sich aber unter Verweis auf das von seinem Vater an seiner Mutter begangene Tötungsdelikt. Die Beklagte erteilte daher die Aufträge zur Einäscherung und anonymen Beisetzung. Mit dem angegriffenen Bescheid vom 4. Februar 2010 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger die dabei entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 2.040,82 Euro geltend.

Angehörige eigentlich laut Friedhofs- und Bestat­tungs­gesetz sorgepflichtig für Leiche eines Verwandten

Diesen Bescheid hob das Verwal­tungs­gericht auf. Nahe Angehörige seien zwar gemäß § 13 Abs. 2, Abs. 1 Friedhofs- und Bestat­tungs­gesetz grundsätzlich sorgepflichtig für die Leiche eines Verwandten. Weigerten diese sich, die erforderlichen Sorgemaßnahmen durchzuführen, müsse die Kommune die Beerdigung veranlassen und grundsätzlich die entstandenen Kosten beim sorge­pflichtigen Angehörigen einfordern.

Härtefälle müssen berücksichtigt werden

Dies gelte jedoch nicht immer und in jedem Fall. Es müssten die Härten berücksichtigt werden, die sich aus der strengen Regelung zur öffentlich-rechtlichen Verant­wort­lichkeit naher Verwandter für Toten­für­sor­ge­maß­nahmen ergeben können. Hierbei komme es maßgeblich auf den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit an.

Übernahme der Bestat­tungs­kosten nicht zumutbar

Hier sei es dem Kläger aufgrund des Verhaltens seines Vaters nicht zumutbar gewesen, die Kosten für dessen Bestattung zu tragen. Der Vater des Klägers habe sich mit der Tötung der Mutter nicht nur ihr gegenüber eines schweren Verbrechens schuldig gemacht, sondern auch einer besonders schweren Verfehlung gegenüber ihren gemeinsamen, damals noch minderjährigen Kindern. Das führte darüber hinaus zu der Notwendigkeit, die Kinder für ca. vier Jahre in einer Pflegefamilie unterzubringen. Im Erörte­rungs­termin hat der Kläger zudem ausgeführt, dass sein Bruder infolge dieser Umstände "völlig abgerutscht" sei.

Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Kassel

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