Verwaltungsgericht Hannover Urteil09.11.2022
Aktive Teilnahme an Chatgruppe mit rechtsextremen Inhalt rechtfertigt Entlassung aus dem SoldatenverhältnisFehlende Distanzierung zur Gewalt- und Willkürherrschaft des Nazi-Regimes
Die aktive Teilnahme an einer Chatgruppe mit rechtextremen Inhalt kann die Entlassung aus dem Soldatenverhältnis nach sich ziehen. Denn dadurch zeigt der Soldat eine fehlende Distanzierung zur Gewalt- und Willkürherrschaft des Nazi-Regimes. Dies hat das Verwaltungsgericht Hannover entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2021 wurde ein Soldat auf Zeit aus dem Soldatenverhältnis entlassen, weil er zwischen März 2019 und Oktober 2020 Mitglied einer Chatgruppe bei WhatsApp mit dem Namen "Behinderte Spasties" war, in der rechtsradikale und rassistische Inhalte geteilt wurden. Der Soldat hatte selbst Inhalte in die Gruppe gepostet. Der Soldat war seit dem Jahr 2018 Soldat auf Zeit. Er erhob gegen die Entlassungsverfügung Klage.
Rechtmäßigkeit der Entlassung aus dem Soldatenverhältnis
Das Verwaltungsgericht Hannover entschied gegen den Kläger. Die Entlassungsverfügung sei rechtmäßig. Der Kläger habe seine Dienstpflicht aus § 8 SG verletzt. Er habe sich durch sein Verhalten von der Gewalt- und Willkürherrschaft des Nazi-Regimes nicht distanziert. Er habe es unterlassen, für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten. Wer sich nationalsozialistischer Symbolik bedient, begründe damit für einen neutralen Beobachter objektiv den Anschein, er stehe nicht mehr hinter dem Staat des Grundgesetzes und verletze die Pflicht, sich von derartigen Bestrebungen zu distanzieren.
Ernstliche Gefährdung des Ansehens der Bundeswehr
Es liege nach Auffassung des Verwaltungsgerichts eine ernstliche Gefährdung des Ansehens der Bundeswehr vor. Denn das Verhalten des Klägers sei mit den berechtigten Erwartungen an die Integrität der Bundeswehr unvereinbar. Sein Verhalten sei geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Rechtsstaatlichkeit der Streitkräfte zu erschüttern. Der Kläger habe im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt. Darauf, dass die Chatgruppe nicht öffentlich war, komme es angesichts dessen, dass eine Gefährdung ausreiche, nicht an.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.01.2023
Quelle: Verwaltungsgericht Hannover, ra-online (vt/rb)