23.11.2024
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Sie sehen einen Mann mit einem Jagdgewehr im Anschlag.
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Verwaltungsgericht Gießen Beschluss05.07.2018

Kandidatur für NPD rechtfertigt Entziehung der waffen­recht­lichen ErlaubnisseAnnahme der waffen­recht­lichen Unzuver­läs­sigkeit nicht zu beanstanden

Das Verwal­tungs­gericht Gießen hat in einem Eilverfahren die Entscheidung des Landrates des Wetteraukreises bestätigt, einem im Kommu­nal­wahlkampf für die NPD angetretenen Kandidaten mit sofortiger Wirkung die waffen­recht­lichen Erlaubnisse (Waffen­be­sitz­karten, kleiner Waffenschein, Waffen­handels­erlaubnis und spreng­stoff­rechtliche Erlaubnis) wegen Unzuver­läs­sigkeit zu entziehen.

Im zugrunde liegenden Verfahren hatte der Landrat die Entziehung der waffen­recht­lichen Erlaubnisse auf eine Vorschrift des Waffengesetzes gestützt, wonach Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfas­sungs­mäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völker­ver­stän­digung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind, als unzuverlässig anzusehen sind (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG).

Der Antragsteller hatte eingewandt, er sei seit 2009 nicht mehr Mitglied in der NPD und habe nur aus einem persönlichen Gefallen auf einem aussichtslosen Listenplatz kandidiert.

Ziele der NPD und Verhalten ihrer Anhänger verstoßen gegen Menschenwürde und Kern des Demokra­tie­prinzips

Das Verwal­tungs­gericht Gießen entschied, dass die Kandidatur des Antragstellers für die NPD bei der Kommunalwahl 2016 ein Umstand ist, der die Annahme rechtfertigt, dass er die verfas­sungs­feind­lichen Bestrebungen der NPD als Einzelner aktiv unterstützt habe. Auch wenn die NPD als Partei vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht für verfas­sungs­widrig erklärt worden sei, sei hier maßgeblich, dass die Ziele, die sie verfolge und die er unterstützt habe, verfas­sungs­feindlich seien. Auch das Bundes­ver­fas­sungs­gericht habe in seinem Urteil vom 17. Januar 2017 festgestellt, dass die Ziele der NPD und das Verhalten ihrer Anhänger gegen die Menschenwürde und den Kern des Demokra­tie­prinzips verstoßen und Elemente der Wesens­ver­wandt­schaft mit dem historischen Natio­nal­so­zi­a­lismus aufweisen. Die Programmatik der NPD sei danach auf die Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung gerichtet.

Erfolgreiche Kandidatur kann auch bei schlechter Listen­plat­zierung nie gänzlich ausgeschlossen werden

Als Unter­stüt­zungs­handlung im waffenrechtlich relevanten Sinne seien solche Betätigungen anzusehen, bei denen jemand für die Vereinigung nach außen erkennbar Funktionen wahrnehme und dadurch in der Öffentlichkeit zu erkennen gebe, dass er hinter ihren verfas­sungs­feind­lichen Bestrebungen stehe und diese mittragen wolle. Aufgrund der großen Bedeutung der Besetzung von Mandaten auf verschiedenen politischen Ebenen für die Existenz und Beständigkeit einer Partei könne die Kandidatur des Antragstellers daher als aktive Unter­stüt­zungs­handlung der NPD im waffen­recht­lichen Sinne eingeordnet werden. Als Kandidat müsse sich der Antragsteller die verfas­sungs­reinliche Programmatik und Zielsetzung der NPD auch ohne formelle Partei­mit­glied­schaft zurechnen lassen; schließlich sei es auch ohne formelle Partei­mit­glied­schaft möglich, bei einer Wahl Stimmen für die entsprechende Partei zu akquirieren. Darüber hinaus könne angesichts der bei hessischen Kommunalwahlen vorgesehenen Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens eine erfolgreiche Kandidatur auch bei schlechter Listen­plat­zierung nie gänzlich ausgeschlossen werden.

Annahme der waffen­recht­lichen Unzuver­läs­sigkeit beeinträchtigt nicht geschützte Mitwirkung der Parteien an politischen Willensbildung

Auf das verfas­sungs­rechtliche Partei­en­privileg könne sich der Antragsteller vorliegend nicht berufen. Zwar dürften - weil die NPD als politische Partei nicht verboten sei - die politischen Aktivitäten dieser Partei oder ihrer Anhänger und Mitglieder nicht behindert werden. Demgegenüber beeinträchtige die Annahme der waffen­recht­lichen Unzuverlässigkeit eines Parteimitglieds oder Anhängers der NPD nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG die von Art. 21 GG geschützte Mitwirkung der Parteien an der politischen Willensbildung nicht in recht­s­er­heb­licher Weise. Die vorliegend einschlägige waffen­rechtliche Norm gelte - ähnlich wie die geltenden Strafgesetze - nicht nur für NPD-Anhänger, sondern beanspruche Geltung gegenüber allen Bürgern.

Auszug aus § 5 WaffG (Zuverlässigkeit)

(1) [...]

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,

1. [...]

2. die Mitglied

a) in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betäti­gungs­verbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder

b) in einer Partei, deren Verfas­sungs­wid­rigkeit das Bundes­ver­fas­sungs­gericht nach § 46 des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts­ge­setzes festgestellt hat, waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,

3. bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die

a) gegen die verfas­sungs­mäßige Ordnung oder

b) gegen den Gedanken der Völker­ver­stän­digung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind, oder

c) durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbe­rei­tungs­hand­lungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,

4. [...]

5. [...]

(3) [...]

(4) [...]

(5) [...]

(§ 5 WaffG in der Fassung vom 30.6.2017)

Quelle: Verwaltungsgericht Gießen/ra-online

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