21.11.2024
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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Beschluss06.08.2009

Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main sieht die beamten­recht­lichen Alters­gren­zen­re­ge­lungen in Hessen aus EU-gemein­schafts­recht­lichen Gründen als unwirksam an

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main ist in einem Eilverfahren zu dem Ergebnis gekommen, dass die beamten­recht­lichen Alters­gren­zen­re­ge­lungen in Hessen mit dem Verbot der Alters­dis­kri­mi­nierung im europäischen Gemein­schaftsrecht (RL 2000/78/EG) unvereinbar sind und deshalb nicht zulasten von Beamten und Beamtinnen angewandt werden können.

Der Antragsteller ist Oberstaats­anwalt, der aufgrund der Vollendung seines 65. Lebensjahres im August 2009 mit Ablauf des Monats kraft Gesetzes in den Ruhestand treten würde (§ 25 BeamtStG i. V. m. § 50 Abs. 1 HBG). Bereits im April 2009 hatte er beim Hessischen Ministerium der Justiz, für Integration und Europa beantragt, den Eintritt in den Ruhestand für ein Jahr aufzuschieben. Nachdem das Ministerium zunächst nicht reagiert und später diesen Antrag abgelehnt hatte, suchte der Antragsteller Mitte Juli 2009 um einstweiligen Rechtsschutz nach.

Die 9. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt am Main ist in einem Eilverfahren mit Beschluss vom 6. August 2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass die beamten­recht­lichen Alters­gren­zen­re­ge­lungen in Hessen mit dem Verbot der Altersdiskriminierung im europäischen Gemein­schaftsrecht (RL 2000/78/EG) unvereinbar sind und deshalb nicht zulasten von Beamten und Beamtinnen angewandt werden können.

Richter sehen eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters

Das Gericht sieht in den beamten­recht­lichen Alters­gren­zen­re­ge­lungen eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters und verneint die Möglichkeit, diese Benachteiligung ausnahmsweise zu rechtfertigen. Dabei hat es in Auswertung der zu Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg eine Recht­fer­ti­gungs­mög­lichkeit nur angenommen, wenn die beamten­rechtliche Alters­gren­zen­re­gelung einem Belang des Allgemeinwohls dienen würde. Solche Belange müssten den Politikfeldern Beschäf­ti­gungs­politik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung bzw. vergleichbaren im Allge­mein­in­teresse liegenden Bereichen entnommen werden.

Keine Rechtfertigung der Altersgrenzen

Das Gericht hat keine solche Recht­fer­ti­gungs­mög­lichkeit gesehen, da den beamten­recht­lichen Altersgrenzen kein in sich stimmiges arbeitsmarkt- oder sonstiges sozia­l­po­li­tisches Konzept zugrunde liege. Daher unterscheide sich die hessische Rechtslage von den vom EuGH 2007 zu beurteilenden spanischen Gegebenheiten. Den spanischen tariflichen Alters­gren­zen­re­ge­lungen läge ein landesweiter Sozialpakt der Tarifparteien und des Staates zugrunde. Vergleichbares gelte für die seit vielen Jahrzehnten im Kern unveränderten beamten­recht­lichen Altersgrenzen nicht. Soweit perso­na­l­pla­ne­rische Interessen die Altersgrenzen rechtfertigen sollen, hat das Gericht insoweit angenommen, dass derartige Ziele nur vom EuGH nicht anerkannte privatautonome Ziele darstellen, denen es zudem mangels Kriterien für einen „richtigen“ Personalaufbau an Objektivität fehle. Im Übrigen gebe im Geltungsbereich der hessischen Altersgrenzen keine nachvoll­ziehbare Personalplanung zur sog. richtigen Alters­schichtung.

Antragsteller muss zunächst weiter beschäftigt werden

Die Entscheidung hat zur Folge, dass der Antragsteller von seinem Dienstherrn, dem Land Hessen zunächst weiter als Oberstaats­anwalt beschäftigt werden muss und deshalb sein entsprechendes Amt auch über den August 2009 hinaus ausüben kann. Mit der Entscheidung ist keine Aussage zu der Frage verbunden, ab welchem Lebensalter Beamte und Beamtinnen unter Beendigung ihres Beamten­ver­hält­nisses abschlagsfrei Ruhegehalt beanspruchen können.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Frankfurt am Main vom 07.08.2009

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