21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Bremen Urteil25.07.2014

Informations­freiheits­gesetz gewährt kein unbegrenztes Recht zur Einsichtnahme in behördliche FragebögenVon den Behörden zur Ermittlung so genannter Scheinehen verwendete Fragebögen dürfen im Vorfeld nicht allgemein bekannt sein

Der Senator für Inneres und Sport ist nicht uneingeschränkt verpflichtet, Einsicht in Fragebögen zu gewähren, die in ausländer­rechtlichen Verwaltungs­verfahren von den zuständigen Behörden zur Ermittlung von so genannter Scheinehen verwendet werden. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Bremen.

Die Auslän­der­behörde der Stadtgemeinde Bremen ermittelt bei dem Verdacht einer so genannten Scheinehe mithilfe eines Fragebogens, ob tatsächlich eine eheliche Lebens­ge­mein­schaft zwischen Eheleuten besteht und daher einem ausländischen Ehegatten eine Aufent­halt­s­er­laubnis erteilt werden kann. Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens, ein Verein, der sich den Schutz und die Durchsetzung von Menschen- und Bürgerrechten zur Aufgabe gesetzt hat, beantragte beim Senator für Inneres und Sport in Bremen die Einsicht in den aktuell verwendeten Fragebogen aus dem Jahr 2011 und in einen älteren Fragebogen aus dem Jahr 2009. Ein solcher Anspruch bestehe nach dem Bremer Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz. Sowohl das Stadtamt der Stadtgemeinde Bremen als auch der Senator für Inneres und Sport haben dies abgelehnt. Daraufhin hat der Kläger im Oktober 2013 vor dem Verwal­tungs­gericht Klage erhoben.

Infor­ma­ti­o­ns­ge­währung würde Erfolg behördlicher Verfahren vereiteln

Das Verwal­tungs­gericht Bremen hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Hinsichtlich des aktuell verwendeten Fragebogens hat es ein Recht auf Einsichtnahme verneint. Dem stehe der Ausschlussgrund nach § 4 Abs. 1 Bremer Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz entgegen. Danach solle eine Infor­ma­ti­o­ns­ge­währung nicht erfolgen, wenn diese den Erfolg behördlicher Verfahren vereiteln würde. Das Gericht geht davon aus, dass durch diese Regelung nicht nur laufende behördliche Verfahren, sondern auch zukünftige geschützt seien, wenn diese mit hinreichender Wahrschein­lichkeit in absehbarer Zeit eintreten würden. Daran bestehe hier kein Zweifel, weil beim Verwal­tungs­gericht Bremen regelmäßig auslän­der­rechtliche Verfahren anhängig gemacht würden, die die Thematik so genannter Scheinehen zum Gegenstand hätten. Nach Auffassung des Gerichts stellt die getrennte Befragung der Eheleute ein grundsätzlich geeignetes Mittel dar, um die Ermittlungen über das Bestehen einer so genannten Scheinehe zu fördern. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass der dazu verwendete Fragebogen nicht allgemein bekannt sei. Andernfalls könnten sich die Eheleute problemlos absprechen, wie sie die Fragen beantworten. Ein Einsichtsrecht folge auch nicht daraus, dass die Befragung der Eheleute per se gegen das allgemeine Persön­lich­keitsrecht verstoße. Bei einem Verdacht einer Scheinehe sei dies nicht der Fall.

Einsicht in den nicht mehr verwendeten Fragebogen aus dem Jahr 2009 darf gewährt werden

Hinsichtlich des nicht mehr verwendeten Fragebogens aus dem Jahr 2009 hat das Gericht den Senator für Inneres und Sport verpflichtet, Einsicht in den Fragebogen zu gewähren, soweit dieser mit dem aktuell verwendeten nicht übereinstimmt. Bezüglich dieser Frage diene die Versagung der Einsichtnahme nicht dem Schutz laufender oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen.

Zum Hintergrund

Nach Regelungen im Aufent­halts­gesetz ist den ausländischen Ehegatten von Deutschen oder aufent­halts­be­rech­tigten Ausländern bei Vorliegen näher bestimmter Voraussetzungen im Wege des Familien- oder Ehegat­ten­nachzugs eine Aufent­halt­s­er­laubnis zu erteilen. Voraussetzung ist allerdings in allen Fällen, dass die Ehe nicht nur „auf dem Papier“ besteht, sondern dass zwischen den Eheleute auch tatsächlich in eine eheliche Lebens­ge­mein­schaft besteht. In Zweifelsfällen ist das von den Auslän­der­be­hörden vor der Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis zunächst aufzuklären.

Quelle: Verwaltungsgericht Bremen/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil18612

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI