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Oberverwaltungsgericht Bremen Urteil24.10.2017
Scheinehe: Kein Anspruch auf Einsichtnahme in FragenkatalogVorbereitung der Betreffenden Ehepaare auf Befragung nach Fragenkatalog befürchtet
Die Humanistische Union hat keinen Anspruch auf Einsichtnahme in den Fragenkatalog, der in Bremen bei Verdacht einer Scheinehe verwendet wird. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Bremen in seiner Entscheidung bekanntgegeben.
Im vorliegenden Fall begehrte die Humanistische Union, ein eingetragener Verein, die Einsichtnahme in einen Fragenkatalog, der in Bremen bei Ermittlungen im Falle des Verdachts einer Scheinehe verwendet wird.
Senator für Inneres lehnt Veröffentlichungsantrag ab
Im Land Bremen verfügen sowohl der Senator für Inneres als auch die Ausländerbehörden der Stadtgemeinden über einen Pool von Fragen zur Ermittlung so genannter Scheinehen (Fragenkatalog). Die Humanistische Union richtete Mitte 2012 an den Senator für Inneres die Bitte um Zusendung einer Kopie dieses Fragenkataloges, verbunden mit dem Antrag, diesen Fragebogen im Informationsregister zu veröffentlichen. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Den dagegen erhobenen Widerspruch lehnte der Senator für Inneres ab mit der Begründung, durch die Veröffentlichung des Fragenkataloges würden die dort aufgeführten Fragen im Rahmen der Sachverhaltsermittlung unbrauchbar, da dann eine Vorbereitung oder Absprache der befragten Personen nicht ausgeschlossen werden könne. Das Verwaltungsgericht Bremen hat die dagegen gerichtete Klage der Humanistischen Union im Wesentlichen abgewiesen.
OVG: Informationserteilung gefährde öffentliche Sicherheit
Auch die Berufung hatte vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Erfolg. In seinem Urteil führt das Oberverwaltungsgericht aus, dass der Humanistischen Union zwar grundsätzlich ein Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen nach § 1 Abs. 1 des Bremischen Informationsfreiheitsgesetzes (BremIFG) zustehe. Im Falle des Fragenkataloges sei dieser Anspruch jedoch nach § 3 Nr. 2 2. Alt. BremIFG ausgeschlossen, weil die Erteilung der beantragten Information die öffentliche Sicherheit gefährden könne. Bei dem Fragekatalog handele es sich bei einer Verwendung im Einzelfall um ein Mittel der Gefahrenabwehr. Die Fragen dienten der Verwaltung zum ordnungsgemäßen Vollzug des Aufenthaltsgesetzes, im konkreten Fall dem anerkannten staatlichen Interesse an einer Steuerung der Zuwanderung ins Bundesgebiet.
Fragenkatalog soll Aufenthaltserschleichung durch Scheinehe verhindern
Den Ausländerbehörden werde mit dem zum Zweck der getrennten Befragung von Ehepaaren entwickelten Fragenkatalog ein Instrument an die Hand gegeben, um zu verhindern, dass an Personen, die nur vorgeben, einen Aufenthalt zum Zweck der Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft anzustreben, zu Unrecht eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Den Eheleuten, bei denen der Verdacht besteht, dass sie die Ehe ausschließlich zu dem Zweck geschlossen haben, um einem Ehegatten die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen (Scheinehe) würden unabhängig voneinander gleichlautende Fragen zu ihren persönlichen Verhältnissen gestellt. Ziel sei es, nach dem Inhalt und dem Grad der Übereinstimmung der Antworten einschätzen zu können, mit welcher Motivation die Ehe geschlossen wurde und ob die Befragten ernsthaft anstrebten, im Inland eine eheliche Lebensgemeinschaft zu führen. Die getrennte Befragung mit gleichlautenden Fragen sei ein geeignetes Mittel, um bei konkreten Anhaltspunkten, die den Verdacht einer Scheinehe begründen, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Sie böten eine Möglichkeit, Falschangaben aufzudecken. Der Zweck der Befragung würde vereitelt, könnten die Betreffenden sich zielgerichtet auf sie vorbereiten.
§ 4 Abs. 1 BremlFG nicht auf vorliegenden Fall anwendbar
Anders als das Verwaltungsgericht hat das Oberverwaltungsgericht den Ausschluss des Informationsbegehrens nicht aus § 4 Abs. 1 BremIFG hergeleitet. Der mit dieser Vorschrift beabsichtigte Schutz ungestörter behördlicher Entscheidungsfindung sei zeitlich limitiert bis zum Abschluss des konkreten Verwaltungsverfahrens. Er könne nicht auf Fälle wie den Vorliegenden, in denen Vorarbeiten für eine unbestimmte Zahl von behördlichen Entscheidungen vorrätig gehalten werden, ausgedehnt werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.12.2017
Quelle: Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen/ ra-online
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