18.10.2024
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Verwaltungsgericht Braunschweig Urteil21.10.2008

Keine Rundfunk­ge­büh­ren­pflicht für internetfähigen Vereins-PCNur die Vereins­mit­glieder werden mit dem Computer verwaltet

Das Verwal­tungs­gericht Braunschweig hat einen Verein von der Rundfunkgebühr befreit. Der Verein hatte mit der Begründung geklagt, der PC diene ausschließlich zur Verwaltung der Vereins­mit­glieder und nicht zum Empfang von Rundfunk­pro­grammen.

Im zugrunde liegenden Fall klagte ein Verein gegen den NDR. Der Musik- und Sport­ge­mein­schaft Peine-Ilsede e.V. sollte für ihren internetfähigen Computer Rundfunkgebühren zahlen, da, so meinte der NDR, der Computer ein "neuartiges Rundfunkgerät" sei. Der Verein hielt entgegen, dass der Rechner lediglich zur Verwaltung der Vereins­mit­glieder diene und nicht zum Empfang von Rundfunk­pro­grammen genutzt werde. Das Verwal­tungs­gericht Braunschweig folgte der Argumentation des Vereins.

Gericht: Für herkömmliche Geräte reicht der Besitz aus

Grundsätzlich reiche für die Entstehung der Gebührenpflicht der Besitz eines so genannten herkömmlichen Rundfunkgeräts (Radio, Fernseher) aus, weil eine andere Verwendung der Geräte nahezu ausgeschlossen sei und es der Lebenserfahrung entspreche, dass der Besitzer sie gerade zu diesem Zweck angeschafft habe.

Computer können multifunktional genutzt werden

Bei so genannten "neuartigen Rundfun­k­emp­fangs­geräten" verhalte es sich anders. Diese seien multifunktional und nicht ausschließlich zum Rundfunkempfang erworben worden. Mittlerweile könne auch mit Notebooks, UMTS- oder WLAN-Handys, PDAs oder interfähigen Naviga­ti­o­ns­systemen Rundfunk empfangen werden.

Die ARD/ZDF-Online-Studie 2007 belege, dass die in § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zugrunde liegende typisierende Annahme, ein vorhandenes Rundfun­k­emp­fangsgerät werde auch tatsächlich zum Empfang genutzt, regelmäßig nicht zutreffe (vgl. auch VG Münster, Urteil v. 26.09.2008 - 7 K 1473/07 -).

Nur wenige hören Radio über das Internet

Nur ca. 1,4 Millionen Hörer nutzten täglich das Webradio, was einem Anteil von 3,4 Prozent an allen Internetnutzern entspreche. Der Anteil der täglichen Live-Radiohörer im Web sei im Vergleich zu den 50,2 Millionen Hörern über traditionelle Empfangsgeräte relativ gering. Diese Zahlen zugrunde gelegt, könne bei einem PC wegen dessen Multi­funk­ti­o­nalität ein "Bereithalten zum Rundfunkempfang" nur angenommen werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen des Besitzers bestehen. Dies müsse der NDR darlegen und beweisen.

Nachweis der Nutzung ist in der Praxis schwierig

Die Richter führten aus, dass sie sich bewusst seien, dass der Nachweis der tatsächlichen Nutzung in der Praxis schwierig zu führen sei. Die Schwierigkeiten der Nachweisführung lägen aber ausschließlich in der im Rundfunk­ge­büh­ren­staats­vertrag geregelten gerätebezogenen Gebührenpflicht begründet, die den neueren technischen Entwicklungen erkennbar nicht Rechnung trage.

Einschränkende Auslegung des Rundfunkstaats­ver­trages ist notwendig

Die einschränkende Auslegung des § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV sei deshalb geboten, weil eine Rundfunk­ge­büh­ren­pflicht, die lediglich auf den tatsächlichen Besitz abstelle und die fehlende tatsächliche Nutzung nicht zur Kenntnis nehme, eine unzulässige Besitzabgabe für Computer darstellen würde(Münster).

Bedenken, dass die Regelung gegen das Grundgesetz verstößt

Zudem hatten die Richter Bedenken, ob die Rundfunk­ge­büh­ren­pflicht für internetfähige PCs unabhängig von der tatsächlichen Nutzung gegen das Grundrecht auf Infor­ma­ti­o­ns­freiheit aus Art. 5 Abs. 1 HS 2 GG verstoße (vgl. VG Koblenz, Urteil v. 15.07.2008 - 1 K 496/08.KO -). Diese Problematik hätten das VG Hamburg (siehe VG Hamburg, Urteil v. 24.07.2008 - 10 K 1261/08 -) und das VG Ansbach (siehe VG Ansbach, Urteil v. 10.07.2008 - AN 5 K 08.00348 -) verkannt, da sie lediglich auf die abstrakte Möglichkeit des Rundfun­k­empfangs abgestellt hätten.

Quelle: ra-online (pt)

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