21.11.2024
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Verwaltungsgericht Münster Urteil26.09.2008

Student muss keine Rundfunkgebühr für internetfähigen PC zahlenGerät wird nicht zum Rundfunkempfang bereit gehalten

Ein Münsteraner Student durfte nicht allein deshalb zu Rundfunk­ge­bühren herangezogen werden, weil er einen internetfähigen Computer besitzt, mit dem man etwa auch Hörfunk­pro­gramme empfangen kann. Das hat jetzt das Verwal­tungs­gericht Münster entschieden und damit - erstmals in NRW - einen entsprechenden Gebüh­ren­be­scheid des WDR Köln aufgehoben.

Der Student, der weder über ein Radio noch einen Fernseher verfügt, hatte erklärt, seinen PC mit Internetzugang nicht zum Rundfunkempfang zu nutzen. Als der WDR von ihm, nachdem die bis Ende 2006 festge­schriebene Gebüh­ren­freiheit für internetfähige PCs weggefallen war, Rundfunkgebühren in Höhe von 16,56 Euro (für die Monate Januar bis März 2007) forderte, hielt er entgegen: Es könne nicht bei fast universell nutzbaren elektronischen Geräten eine allgemeine Gebührenpflicht angenommen werden, nur weil mit ihnen theoretisch auch ein Rundfunkempfang möglich sei. Demgegenüber machte der WDR geltend, die Gebührenpflicht knüpfe allein an das Bereithalten eines Gerätes an, mit dem sich Hörfunk- oder Fernseh­pro­gramme empfangen ließen.

Richter: Aus dem bloßen Besitz eines internetfähigen Computers kann nicht automatisch auf ein Bereithalten zum Rundfunkempfang geschlossen werden

Die 7. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Münster gab dem Kläger Recht. Auch wenn nach dem Rundfunk­ge­büh­ren­staats­vertrag die Geeignetheit eines Gerätes zum Empfang grundsätzlich ausreiche und es auf die konkrete Nutzung nicht ankomme, sei der Kläger nicht rundfunk­ge­büh­ren­pflichtig. Während bei herkömmlichen Rundfun­k­emp­fangs­geräten der schlichte Besitz regelmäßig das Bereithalten zum Empfang schon deshalb vermuten lasse, weil eine andere Zweckverwendung in der Regel ausgeschlossen sei, verhalte es sich mit neuartigen multi­funk­ti­onalen Geräten anders. Inzwischen könne neben internetfähigen PCs auch mit Notebooks, UMTS-Handys oder sogar mit internetfähigen Kühlschränken Rundfunk empfangen werden. Da aber bei derartigen Geräten ein Bereithalten zu vielen anderen Zwecken möglich sei, könne aus dem bloßen Besitz nicht automatisch auf ein Bereithalten zum Rundfunkempfang geschlossen werden. Internetfähige PCs in Behörden, Unternehmen oder heimischen Arbeitszimmern würden in Deutschland für verschiedenste Zwecke, aber typischerweise (noch) nicht als Rundfun­k­emp­fangs­geräte genutzt. Dies gelte auch für internetfähige PCs im Übrigen.

Nur 3,4 % der Surfer nutzen Internetradio

Entsprechendes belege die so genannte ARD/ZDF-Online-Studie 2007, wonach im Jahr 2007 nur 3,4 % der „Onliner“ und 2,1 % der Gesamt­be­völ­kerung ab 14 Jahren das Netzradio täglich nutzten. Dass der Kläger seinen PC tatsächlich zum Rundfunkempfang nutze, habe der Beklagte nicht nachgewiesen. Die Kammer verkenne nicht, so die Richter, dass der Nachweis der tatsächlichen Nutzung in der Praxis schwierig zu führen sei. Solange der Rundfunkstaats­vertrag aber an der gerätebezogenen Gebührenpflicht festhalte, ohne den neueren technischen Entwicklungen erkennbar Rechnung zu tragen, sei eine einschränkende Auslegung geboten, weil die Rundfunkgebühr anderenfalls eine unzulässige Besitzabgabe für internetfähige PCs darstelle.

Nachtrag v. 24.11.2008:

Der WDR hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, die beim Oberver­wal­tungs­gericht (OVG) NRW unter dem Aktenzeichen 19 A 2690/08 anhängig ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Münster vom 06.10.2008

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