21.11.2024
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil05.11.2012

Direktbank hat bei gezieltem Auftrag zum Erwerb von Wertpapieren durch Kunden keine Aufklä­rungs­pflichtKein Schadensersatz für Cobold-Anleihen von Lehmann Brothers

Ein Kunde, der ein privates Wertpapierdepot bei einer Direktbank unterhält, kann von der Direktbank keinen Schadensersatz für inzwischen wertlose so genannte Cobold-Anleihen verlangen, wenn die Direktbank ihn bei der Anlage­ent­scheidung nicht beraten hat und auch keine Beratung schuldete. Dies entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht (Bankensenat) und wies damit die Schaden­s­er­satzklage zurück.

Im zugrunde liegenden Streitfall eröffnete die gelernte Bankkauffrau im Jahr 2003 ein Wertpapierdepot bei der beklagten Direktbank mit Sitz in Schleswig-Holstein. In dem Depoter­öff­nungs­antrag heißt es, dass die Bank Wertpa­pier­aufträge ihrer Kunden lediglich ausführt ("execution only") und keine Anlageberatung anbietet. Sofern die Bank dem Kunden Informationen zur Verfügung stelle, solle dies dem Kunden lediglich die selbstständige Anlage­ent­scheidung erleichtern.

Sachverhalt

Im Jahr 2006 erteilte die Klägerin der beklagten Bank über das Internet den Auftrag zum Erwerb einer so genannten Cobold 62-Anleihe (im Wege des Online-Brokering) herausgegeben von der DZ Bank AG im Nennwert von 11.000 Euro mit einer Verzinsung von 3,2 % pro Jahr. Nach der Konzeption der Anleihe erhält der Anleger die Verzinsung und am Ende der Laufzeit den Nominalwert der Anleihe zurückerstattet, sofern bei keinem der zugrun­de­lie­genden Unternehmen ein so genanntes "Kreditereignis" eintritt, beispielsweise die Insolvenz oder Zahlungs­un­fä­higkeit des Unternehmens. Die Cobold 62-Anleihe war an die Wertigkeit von Unter­neh­men­s­an­leihen fünf weiterer Großbanken geknüpft, unter anderem die Lehman Brothers. Wenn eine der Großbanken ihre Anleiheschulden nicht bezahlte, hatte die DZ Bank das Recht, die Cobold-Anleihe gegen die Anleihe des zahlungs­un­fähigen Unternehmens auszutauschen.

Klägerin verlangt Schadensersatz von Direktbank

Nach der Insolvenz der Lehmann Brothers im Herbst 2008 erhielt die Klägerin von der DZ Bank AG anstelle der Rückzahlung des eingezahlten Betrags Anleihen der Lehmann Brothers Inc. in einem Wert von nur 831 Euro. Die Klägerin verlangte daraufhin Schadensersatz von der Direktbank unter anderem mit der Begründung, es sei für sie nicht erkennbar gewesen, dass die Rückzahlung der Anleihe nicht nur von der Bonität der DZ Bank abhänge, sondern zusätzlich von der Bonität der fünf Großbanken.

Besondere Beratung war nach Auffassung der Bank weder gewünscht noch erforderlich

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht hat einen Schaden­s­er­satz­an­spruch der Klägerin verneint. Zwischen ihr und der Direktbank sei kein Anlage­be­ra­tungs­vertrag zustande gekommen. Trete ein Kunde mit gezielten Aufträgen zum Erwerb bestimmter Wertpapiere an die Bank heran, so dürfe die Bank im Allgemeinen davon ausgehen, dass eine besondere Beratung weder gewünscht noch erforderlich sei. Durch ihren online im Internet erteilten Kaufauftrag habe die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie keine Informationen über das Produkt mehr benötige.

Anlage passte in Anleger- und Risikoprofil der Klägerin

Bei Eröffnung des Wertpa­pier­depots sei die Klägerin ausdrücklich darüber informiert worden, dass es neben den klassischen Anleihen auch Varianten "synthetischer" Anleihen gäbe, die im Ergebnis zu einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen könnten und dass man deshalb vorher z.B. den Verkauf­sprospekt genau studieren sollte. Die Einholung solcher Informationen habe die Klägerin jedoch unterlassen. Die Anlage passte auch in das Anleger- und Risikoprofil der Klägerin. Bei Depoteröffnung habe sie sich als gelernte Bankkauffrau in die Kenntnisstufe "C" von insgesamt 6 Kenntnisstufen ("A" bis "F") eingeordnet. Zum Zeitpunkt der Anlage­ent­scheidung habe nur ein theoretisches Ausfallrisiko bestanden, weil ausnahmslos international renommierte Bankhäuser als Referen­z­un­ter­nehmen aufgeführt waren.

Hintergrund:

Bei der Cobold (Corporate Bond Linked Debt) Anleihe handelt es sich um die Kombination aus einer klassischen Unter­neh­men­s­anleihe und einem Kredi­t­aus­fa­ll­s­i­che­rungs­in­strument (Credit Default Swap = CDS) für bestimmte Referen­z­un­ter­nehmen (hier die Deutsche Bank und weitere vier amerikanische Großbanken, u.a. Lehmann Brothers).

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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