24.11.2024
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Sozialgericht Stuttgart Urteil23.01.2018

Versicherte mit multipler Sklerose hat keinen Anspruch auf Versorgung mit intravenös zu verabreichenden ImmunglobulinenVersorgung mit Immunglobulinen in Deutschland nicht für Behandlung von multipler Sklerose zugelassen

Das Sozialgericht Stuttgart hat entschieden, dass Versicherte der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung, die an multipler Sklerose erkrankt sind, keinen Anspruch auf Versorgung mit intravenös zu verabreichenden Immunglobulinen haben.

Die 1978 geborene Klägerin des zugrunde liegenden Falls leidet an einer 2005 diagnos­ti­zierten schubförmig verlaufenden Multiplen Sklerose (MS) mit hoher Schubaktivität. Bisher durchgeführte Immun­pro­phylaxen der Basistherapie und der Eskala­ti­o­ns­therapie mussten wegen Nebenwirkungen bzw. allergischen Reaktionen beendet werden. Im April 2014 beantragte die Klägerin bei der beklagten Krankenkasse unter Vorlage ärztlicher Unterlagen die Kostenübernahme einer Therapie mit Immunglobulinen bei schubförmig verlaufender MS. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, da zum einen die Möglichkeiten der Standa­rd­therapie nicht ausgeschöpft seien, zum anderen aufgrund der Datenlage nicht die begründete Aussicht bestehe, dass mit der begehrten Therapie ein Behand­lungs­erfolg erzielt werden könne.

Versorgung mit Immunglobulinen nicht von der Leistungs­pflicht der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung umfasst

Das Sozialgericht Stuttgart hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen an und wies im Anschluss die Klage ab. Die von der Klägerin begehrte Versorgung mit Immunglobulinen sei in Deutschland nicht für die Behandlung von MS zugelassen und daher grundsätzlich nicht von der Leistungs­pflicht der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung umfasst. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine zulas­sungs­über­schreitende Anwendung nach den von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen eines "Off-Label-Use". Nach diesen komme eine Kostenübernahme nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebens­be­droh­lichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beein­träch­ti­genden) Erkrankung gehe, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar sei und wenn 3. aufgrund der Datenlage eine begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behand­lungs­erfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne (vgl. Bundes­so­zi­al­gericht 27.03.2007, Az. B 1 KR 17/06 R).

Hinreichenden Erfolgs­aus­sichten bei Anwendung von Immunglobulinen nicht ersichtlich

Selbst bei Annahme der ersten beiden Voraussetzungen fehle es vorliegend an den hinreichenden Erfolgs­aus­sichten der Anwendung von Immunglobulinen. Von solchen hinreichenden Erfolgs­aus­sichten könne nämlich nur dann ausgegangen werden, wenn Forschungs­er­gebnisse erwarten ließen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden könne. Daran fehle es vorliegend, lägen doch die generellen Voraussetzungen an die mutmaßliche Evidenz der Qualität und Wirksamkeit einer Behandlung der schubförmigen MS mit intravenösen Immunglobulinen nicht vor. Ein Anspruch der Klägerin bestehe auch nicht nach den vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht entwickelten und mittlerweile in § 2 Abs. 1a SGB V normierten besonderen Anforderungen an das Leistungsrecht der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung bei einer lebens­be­droh­lichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, da das Bundes­so­zi­al­gericht zum einen für die sekundär-progrediente Verlaufsform der MS selbst in schweren Krank­heits­fällen eine Lebensgefahr verneint habe und sich die Klägerin zum anderen auch nach den Angaben der als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte in einem klinisch stabilen Zustand befinde, ein tödlicher Krank­heits­verlauf daher nicht drohe.

Quelle: Sozialgericht Stuttgart/ra-online

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