22.11.2024
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Sozialgericht Mainz Urteil26.03.2012

Selbständige Lehrer für Tai Chi und Kung Fu unterliegen der Versi­che­rungs­pflicht in der gesetzlichen Renten­ver­si­cherungUnterricht ist dem Gesamtbild nach mehr Tätigkeit eines Fitness- und Gymnas­ti­k­lehrers als eines Künstlers zuzuordnen

Lehrer für Tai Chi und Kung Fu sind keine Künstler im Sinne der Sozia­l­ver­si­cherung. Deshalb sind sie, sofern sie keine versi­che­rungs­pflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, als selbständige Lehrer in der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung versi­che­rungs­pflichtig. Dies entschied das Sozialgericht Mainz.

Im zugrunde liegenden Streitfall klagte ein Mann, der in Schulen und Sporthallen die aus der chinesischen Kampfkunst abgeleiteten Bewegungs­me­thoden unterrichtet. Er argumentierte, dass er ein nicht versi­che­rungs­pflichtiger Künstler sei, weil im Zentrum der von ihm gelehrten Übungen Formen stünden, die sich aus mehreren Bildern und Einzel­be­we­gungen zusammensetzten und die Darbietungen in Gruppen mit Ballet­t­auf­füh­rungen vergleichbar seien.

Begriff der Kunst vom Gesetzgeber nicht abschließend definiert

Dieser Auffassung schloss sich das Sozialgericht Mainz jedoch nicht an. In der Entscheidung führte das Gericht aus, der Gesetzgeber habe den Begriff der Kunst nicht abschließend definiert. Was als Kunst zu bewerten sei, sei im Sozialrecht deshalb unter Berück­sich­tigung des Regelungswerkes des Künst­ler­so­zi­a­l­ver­si­che­rungs­ge­setzes, der allgemeinen Verkehr­s­auf­fassung und der historischen Entwicklung zu bestimmen. Danach sei Kunst das, was Ergebnis eines kreativen Prozesses sei und von der jeweiligen Gesellschaft als Kunst anerkannt werde. Bei darstellender Kunst werde zwischen den Hauptsparten Theater, Tanz und Film unterschieden.

Bei Thai Chi und Kung Fu handelt es sich nicht um "Lehre von Kunst"

Unter Anwendung dieser Kriterien sei der vom Kläger erteilte Unterricht nach seinem Gesamtbild mehr dem Unterricht eines Fitness- und Gymnas­ti­k­lehrers als der Tätigkeit eines Künstlers zuzuordnen. Es handele sich nicht um "Lehre von Kunst", weil Thai Chi und Kung Fu überwiegend pädagogische, therapeutische, gymnastische und meditative Elemente hätten. So seien diese Bewegungsformen beispielsweise in China eine Art Volkssport, dessen Ziel es sei, auf Körper und Seele der Menschen positive Auswirkungen zu erzielen. Die Art der Bewegungs­a­bläufe habe zwar bei beiden Ausübungsformen künstlerische Elemente. Dies sei jedoch - ähnlich wie bei der rhythmischen Sportgymnastik - nicht ausreichend, um den Unterricht oder Aufführungen von Tai Chi und Kung Fu als darstellende Kunst zu bewerten. Der beklagte Renten­ver­si­che­rungs­träger hat daher zu Recht entschieden, dass der Kläger, ähnlich wie ein selbständig tätig werdender Aerobic-Lehrer, grundsätzlich der Versi­che­rungs­pflicht unterliegt.

Quelle: Sozialgericht Mainz/ra-online

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