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Sozialgericht Karlsruhe Urteil07.02.2012
Helfender Vater ist im Zimmereibetrieb des Sohnes als "Wie-Beschäftigter unfallversichertFamiliärer Bindung kommt bei Hilfeleistung des Vaters im Ergebnis nur geringeres Gewicht zu
Ein Vater, der im Zimmereibetrieb seines Sohnes hilft und vorrangig auf Baustellen fremder und damit zahlender Auftraggeber arbeitet, ist als "Wie-Beschäftigter" anzusehen und somit kraft Gesetzes unfallversichert. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe hervor.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls begehrt Witwenrente. Ihr Ehemann war als unentgeltlich tätiger Bauhelfer auf einer von Zimmereiunternehmen des Sohnes betriebenen Fremdbaustelle im Dezember 2009 tödlich verunglückt. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte es ab, der Klägerin Witwenrente zu gewähren. Der Verstorbene sei aus Gefälligkeit für seinen Sohn im Rahmen der Familienhilfe ohne Entgelt tätig gewesen; die Voraussetzungen für eine arbeitnehmerähnliche "Wie-Beschäftigung" lägen nicht vor. Die vom Verstorbenen 2009 im Betrieb des Sohnes geleistete Arbeitszeit von 82 Stunden sei aufgrund des engen Vater-Sohn-Verhältnisses noch als Gefälligkeitsleistung anzusehen.
Hilfeleistungen des Verstorbenen gingen über typischen Gefälligkeitsleistungen innerhalb der Familie hinaus
Das Sozialgericht Karlsruhe hat den angefochtenen Ablehnungsbescheid aufgehoben und die Berufsgenossenschaft verurteilt, das Unfallereignis vom Dezember 2009 als Arbeitsunfall anzuerkennen und der Klägerin Witwenrente zu gewähren. Der Verstorbene sei als "Wie-Beschäftigter" im Betrieb seines Sohnes während der Arbeit tödlich verunglückt. In der Gesamtbetrachtung steche der erhebliche fremdwirtschaftliche Wert der vom Verstorbenen für den Zimmereibetrieb seines Sohnes kontinuierlich erbrachten Hilfeleistung hervor. Aufgrund der vorgelegten Unternehmerrechnungen und der glaubhaften Aussagen der vernommenen Zeugen seien für das erkennende Gericht über 80 Stunden Arbeitsleistung des Verstorbenen im Betrieb seines Sohnes im Jahr 2009 nachgewiesen. Anders als bei typischen Gefälligkeitsleistungen innerhalb der Familie habe der Verstorbene seine Hilfeleistung im Betrieb des Sohnes nicht auf familiären Baustellen - von Eltern, Kindern oder anderen Verwandten - erbracht, sondern auf Baustellen fremder und damit zahlender Auftraggeber.
Tätigkeit des Verstorbenen war keine relativ gefahrlose untergeordnete Hilfstätigkeit
Hinzu komme, dass es sich bei der Tätigkeit des Verstorbenen nicht um eine relativ gefahrlose untergeordnete Hilfstätigkeit gehandelt habe. Die gerichtliche Vernehmung der glaubwürdigen Zeugen habe erwiesen, dass sich die Helfertätigkeit des Verstorbenen aber keineswegs in der reinen Befüllung eines Flockautomaten erschöpft habe. Als Flockhelfer habe der Verstorbene vielmehr auch auf Leitern steigen und Kontroll- und Nacharbeiten in allen Räumen der jeweiligen Baustelle verrichten müssen. Mithin sei der Verstorbene den meisten Gefahren, die von einer Baustelle ausgehen, ausgesetzt gewesen.
Hilfeleistungen des Vaters waren keine Gegenleistung für etwaige Hilfeleistungen des Sohnes
Dagegen komme der besonderen familiären Bindung der Hilfeleistung des Vaters für den Sohn in dessen jungem Holzbaubetrieb im Ergebnis geringeres Gewicht zu. Zum einen sei die Einseitigkeit der Hilfeleistung zu beachten. Der Verstorbene habe als Vater ab 2009 sowohl im Betrieb seines Sohnes geholfen, wie er zuvor den Sohn bei dessen Hausumbau tatkräftig unterstützt habe. Umgekehrt habe der Sohn seinem Vater tatsächlich nur selten und zeitlich jeweils untergeordnet kurz geholfen, etwa bei schwerer Arbeit, wie dem Tragen einer Waschmaschine oder bei dem Transport von Holzpellets. Auch eine besonders enge familiäre Gemeinschaft zwischen Vater und Sohn aufgrund eines Zusammenwohnens liege nicht vor. Schließlich habe der Verstorbene bei der Helfertätigkeit im Betrieb seines Sohnes auch keine eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Die Erstinitiative zur Gewinnung des Verstorbenen als Helfer sei von seinem Sohn ausgegangen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.07.2012
Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online
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