23.11.2024
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Sozialgericht Karlsruhe Urteil22.07.2011

Vollstationäre Heimun­ter­bringung: Mutter eines behinderten Kindes muss Kosten der Einglie­de­rungshilfe in Höhe der häuslichen Ersparnis tragenAuf Erfah­rungs­werten der Hilfeträger beruhende Pauscha­lie­rungen oder Schätzung des häuslichen Ersparnis zulässig

Die Heranziehung der Mutter eines behinderten Kindes zu den Kosten der Einglie­de­rungshilfe bei vollstationärer Heimun­ter­bringung in Höhe der häuslichen Ersparnis ist zulässig. Dies entschied das Sozialgericht Karlsruhe.

Im Streitfall ging es um die Heranziehung der Mutter eines behinderten Kindes zu den Kosten der vollstationären Heimun­ter­bringung aus Mitteln der Einglie­de­rungshilfe in Höhe der monatlichen häuslichen Ersparnis.

Mutter hält pauschale Berechnung einer häuslichen Ersparnis anhand der Sozia­l­hil­fe­richt­linien für nicht zulässig

Die Klägerin wandte sich gegen die Festsetzung des Kostenbeitrags mit der Begründung, der Hilfeträger habe schon nicht dargelegt habe, welche konkreten Aufwendungen zum Lebensunterhalt sie durch die Unterbringung ihres Kindes erspare. Überdies sei die in der Schul­ein­richtung eingenommene (kostenlose) Verpflegung integraler Bestandteil der Einglie­de­rungshilfe. Hierfür dürfe der Hilfeträger daher keinen Kostenbeitrag fordern. Auch sei die pauschale Berechnung einer häuslichen Ersparnis anhand der Sozia­l­hil­fe­richt­linien (SHR) nicht zulässig. Zu Unrecht habe der Hilfeträger schließlich ihre Einkünfte in voller Höhe ohne Berück­sich­tigung ihres eigenen Unter­halts­bedarfs angerechnet. Denn ihr (zweiter) Ehemann sei dem aus einer früheren Verbindung stammenden Hilfeempfänger gegenüber nicht unter­halts­pflichtig.

Anwendung Sozia­l­hil­fe­richt­linien bei Ermittlung der häuslichen Ersparnis nicht zu beanstanden

Die Klage hatte vor dem Sozialgericht Karlsruhe keinen Erfolg. Der Begriff der „häuslichen Ersparnis“ sei im Gesetz nicht näher definiert und müsse deshalb vom zuständigen Hilfeträger ermittelt werden. Bei diesen Ermittlungen seien schon aus Gründen der Verwal­tungs­ver­ein­fachung und Praktikabilität auf Erfah­rungs­werten der Hilfeträger beruhende Pauscha­lie­rungen oder eine Schätzung zulässig. Insoweit eigne sich insbesondere der regelsatzmäßige Bedarf des Hilfeempfängers als brauchbarer Anhaltspunkt. Soweit der Beklagte im Rahmen der Selbstbindung der Verwaltung dabei die SHR anwende, sei dies vor dem Hintergrund einer gleichmäßigen Verwal­tung­s­praxis und dem verfas­sungs­recht­lichen Gebot der Gleich­be­handlung aller Hilfeempfänger nicht zu beanstanden.

Eigener Bedarf der Klägerin vom Hilfeträger zu Recht unberück­sichtigt gelassen

Die Berechnung sei unter Berück­sich­tigung der SHR auch der Höhe nach zutreffend. Insbesondere habe der Beklagte zu Recht den eigenen Bedarf der Klägerin unberück­sichtigt gelassen, weil dieser durch das Einkommen ihres - erwerbstätigen - Ehemanns, der ihr gegenüber aufgrund bürgerlich-rechtlicher Bestimmungen zum Unterhalt verpflichtet sei, in vollem Umfang gedeckt sei. Schließlich sei die während der vollstationären Heimun­ter­bringung eingenommene kostenfreie Verpflegung zwar integraler Bestandteil der Einglie­de­rungshilfe und werde daher normativ der Einglie­de­rungshilfe und nicht der Hilfe zum Lebensunterhalt zugeordnet, obwohl sie auch der Ernährung zu dienen bestimmt sei. Dieser Umstand stehe aber der Forderung des Hilfeträgers nach einem Kostenbeitrag des Hilfeempfängers selbst oder der nach dem Gesetz Einstands­pflichtigen nicht entgegen. Denn andernfalls verbliebe für die entsprechende Norm (§ 92 Abs. 2 SGB XII) kein Anwen­dungs­bereich mehr.

Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online

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