18.10.2024
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Sozialgericht Karlsruhe Urteil21.04.2011

SG Karlsruhe: Kein Anspruch auf Koste­n­er­stattung für Schüler­be­för­derung zu auswärtiger Förderschule bei vorhandener gleich geeigneten Förderschule am WohnortBesuch entfernt liegender Schule aufgrund des gleichen Bildungs- und Erzie­hungs­auftrags wie Schule vor Ort nicht erforderlich

Eltern haben keinen Anspruch auf Übernahme oder Erstattung von Kosten der Schüler­be­för­derung zu einer auswärtigen Förderschule als Maßnahme der Einglie­de­rungshilfe durch den Sozia­l­hil­fe­träger, wenn der Besuch einer gleich geeigneten Förderschule am Wohnort möglich und zumutbar ist und hierfür keine Beför­de­rungs­kosten anfallen. Dies entschied das Sozialgericht Karlsruhe.

Der 2002 geborene Kläger des zugrunde liegenden Falls leidet seit seiner Geburt infolge eines Down-Syndroms an Fähig­keits­s­tö­rungen im körperlichen und geistigen Bereich. Durch - bestands­kräftigen - Bescheid stellte das Staatliche Schulamt fest, der Kläger sei am besten in einer Sonderschule zu fördern. Derzeit sei die Förderschule der geeignete Förderort; die zuständige Förderschule sei die (staatliche) P-Förderschule am Wohnort des Klägers.

Eltern wünschen Beschulung an 35 km entfernter Schule und verlangen Fahrtkosten aus Mitteln der Einglie­de­rungshilfe erstattet

Die Eltern des Klägers wünschten jedoch eine Beschulung in der etwa 35 km vom Wohnort entfernten (privaten) A-Schule in K. Den Antrag, die ihm bzw. seinen Eltern für seine Beförderung vom Elternhaus zur Schule und zurück entstehenden Fahrtkosten aus Mitteln der Einglie­de­rungshilfe zu übernehmen, lehnte der Beklagte ab. Es bestehe die Möglichkeit, den Kläger wohnortnah in einer staatlichen Sonderschule adäquat zu beschulen. Zwar sei der Schulbesuch in der A-Schule eine geeignete Maßnahme der Schulbildung, um dem Kläger eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen. Der Schulbesuch in der A-Schule sei jedoch nicht erforderlich, denn diese Schule unterrichte nach demselben Bildungs- und Erzie­hungs­auftrag wie die P-Schule. Sie sei deshalb nicht wesentlich geeigneter als die zuständige staatliche Förderschule. Er - der Beklagte - organisiere und finanziere die Schüler­be­för­derung zu der staatlichen Förderschule. Deshalb verursache eine Mitbeförderung des Klägers keine Mehrkosten.

Sonder­päd­ago­gischer Förderbedarf bereits durch Zuweisung zur Schule vor Ort erfüllt

Die deswegen erhobene Klage blieb vor dem Sozialgericht Karlsruhe erfolglos. Das Schulamt habe bestandskräftig die Zuweisung des Klägers zur P-Schule vorgenommen. Hieran sei der beklagte Sozia­l­hil­fe­träger gebunden. Eine Zuweisung zur A-Schule sei nicht erfolgt; sondern der Besuch dieser Schule auf Wunsch der Eltern des Klägers zur Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht lediglich gestattet. Allein hieraus folge indes keine Verpflichtung des Beklagten, die für die Beförderung des Klägers im streitigen Schuljahr angefallenen Beför­de­rungs­kosten im Rahmen der Einglie­de­rungshilfe zu übernehmen. Zwar sei die A-Schule geeignet, den sonder­päd­ago­gischen Förderbedarf, den der Kläger auf Grund seiner Fähig­keits­ein­schrän­kungen benötige, zu erfüllen und ihm dadurch eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen. Die Beschulung in der A-Schule sei jedoch nicht erforderlich, weil der sonder­päd­ago­gische Förderbedarf bereits durch die Zuweisung zur P-Schule erfüllt worden sei, für dessen Besuch vom Beklagten bzw. der Stadt B. eine kostenlose Schüler­be­för­derung eingerichtet sei, an der auch der Kläger teilnehmen könne.

Etwaiges Wunsch- und Wahlrecht für Eltern nicht gegeben

Weder seien medizinische Gründe noch eine Unzumutbarkeit, die staatliche P-Schule zu besuchen, ersichtlich. Weiter sei nicht erkennbar, dass die von den gesetzlichen Vertretern des Klägers gewünschte Beschulung in der A-Schule als bestmögliche und einzig geeignete Förde­r­ein­richtung anzusehen und zu bewerten sei. Damit stehe bereits der allgemeine sozia­l­hil­fe­rechtliche Nachrang­grundsatz (§ 2 Abs. 1 SGB XII) der Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der hier streitigen Fahrtkosten entgegen. Da die Beschulung des Klägers in der A-Schule keine für eine angemessene Schulbildung „erforderliche“ Maßnahme sei, stelle sich auch nicht die Frage nach einem etwaigen Wunsch- und Wahlrecht und damit nach einer Angemessenheit des Kostenaufwands für die Schüler­be­för­derung.

Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online

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