18.10.2024
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Sozialgericht Heilbronn Urteil26.03.2012

Sturz auf Salatsauce in der Werkskantine des Arbeitgebers ist kein ArbeitsunfallNahrungs­aufnahme ist grundsätzlich dem privaten (nicht versicherten) Lebensbereich zuzurechnen

Ein Sturz auf Salatsauce in der Werkskantine des Arbeitgebers stellt keinen Arbeitsunfall dar. Bei der Nahrungs­aufnahme handelt es sich grundsätzlich um eine dem privaten – nicht unfall­ver­si­cherten – Lebensbereich zugeordnete Tätigkeit. Dies entschied das Sozialgericht Heilbronn.

Der im Landkreis Ludwigsburg wohnhafte Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist im Werk S der X. AG beschäftigt. Auf deren Werksgelände subventioniert sie eine ausschließlich für ihre Arbeitnehmer offene Kantine. An einem Maitag im Jahr 2010 suchte der Kläger um 11.45 Uhr die Werkskantine auf, um zu Mittag zu essen. Dabei rutschte er mit einem Tablett in der Hand auf Salatsoße aus. Diese war zuvor auf die Bodenfliesen verschüttet worden. Er stürzte auf den linken Ellenbogen und brach sich den Arm.

Durch Salatsoße verunreinigter Kantinenboden stellt keine besondere betrie­bss­pe­zi­fische Gefahrenquelle dar

Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab: Die Nahrungs­aufnahme sei grundsätzlich dem privaten (nicht versicherten) Lebensbereich zuzurechnen. Denn die Einnahme von Mahlzeiten sei unabhängig von der versicherten Tätigkeit erforderlich. Selbst wenn der Weg zu und von der Werkskantine versichert sei, ende dieser Versi­che­rungs­schutz mit dem Durchschreiten der Außentür der Kantine. Die Wege innerhalb der Kantine sowie der Aufenthalt in der Kantine seien unversichert. Besondere betriebliche Umstände, die die Nahrungs­aufnahme in der Werkskantine erfordert hätte, lägen nicht vor. Der durch Salatsoße verunreinigte Kantinenboden stelle auch keine besondere betrie­bss­pe­zi­fische Gefahrenquelle dar. Entsprechende Verschmutzungen würden ebenso in anderen Selbst­be­die­nungs­re­staurants vorkommen.

Kläger war zum Zeitpunkt des Sturzes mit keiner unfall­ver­si­cherten Tätigkeit beschäftigt

Das Sozialgericht Heilbronn hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. Zum Zeitpunkt seines Sturzes an der Salatbar der Werkskantine habe der Kläger keine Handlung verrichtet, die der unfall­ver­si­cherten Tätigkeit (hier als Beschäftigter in der Fahrzeu­g­ent­wicklung) zuzurechnen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts handele es sich bei der Nahrungs­aufnahme nämlich grundsätzlich um eine eigen­wirt­schaftliche (=private, nicht unfall­ver­si­cherte) Tätigkeit, da Essen und Trinken unabhängig von der versicherten Tätigkeit erforderlich sei. Nichts anders gelte hier. Zwar werde die Werkskantine vom Arbeitgeber subventioniert. Jedoch sei es betriebsbedingt nicht erforderlich gewesen, gerade dort zu essen - anders als z.B. bei einem Geschäftsessen. Außer­ge­wöhnliche Begleitumstände - wie die Notwendigkeit, das Essen aus betrieblichen Gründen hastig in der Werkskantine verzehren zu müssen - lägen nicht vor. Zudem hätte der Kläger genauso bei Aufsuchen eines privat betriebenen Schnell­re­staurants stürzen können.

Der Kläger, der heute noch an den Folgen seines Sturzes leidet, hat angekündigt, Schaden­s­er­satz­ansprüche gegen die Werkskantine geltend zu machen.

Hinweis zur Rechtslage:

Erläuterungen

§ 8 Siebtes Buch Sozial­ge­setzbuch [SGB 7]:

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versi­che­rungs­schutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesund­heits­schaden oder zum Tod führen.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusam­men­hän­genden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,

[...]

Die Anerkennung als Arbeitsunfall hat weitreichende Folgen: So hat die zuständige Berufs­ge­nos­sen­schaft dem Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen u.a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z.B. eine medizinische Rehabi­li­ta­ti­o­ns­maßnahme oder eine Umschulung) zu erbringen, Verletzten-/Übergangsgeld oder eine Verletztenrente zu zahlen.

Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online

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