23.11.2024
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Sozialgericht Gießen Urteil25.07.2017

Angemessene finanzielle Vorsorge für Todesfall unterliegt dem VermögensschutzKosten einer durch­schnitt­lichen Bestattung dienen als Richtschnur

Die angemessene finanzielle Vorsorge für den Todesfall unterliegt dem Vermögensschutz des § 90 Abs. 3 SGB XII. Einer Bezieherin von Hilfe zur Pflege sind die Mittel zu belassen, die sie für eine angemessene Bestattung zurückgelegt hat. Dies entschied das Sozialgericht Gießen.

Die 1929 geborene Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens befand sich seit Oktober 2015 in vollstationärer Pflege und bezog ab Juni 2016 Hilfe zur Pflege von dem beklagten Landkreis. Bereits im Mai 2016 hatte sie einen Bestattungsvorsorgevertrag abgeschlossen und 6.300 Euro auf ein Treuhand­sam­melkonto eingezahlt. In den angefochtenen Bescheiden stellte der Beklagte fest, dass die Klägerin über ein Vermögen in Höhe von 3.187,09 Euro verfüge. Der die Vermö­gens­frei­grenze (zum damaligen Zeitpunkt 2.600 Euro) übersteigende Betrag in Höhe von 587,09 Euro sei als einzusetzendes Vermögen zu leisten. Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass für eine würdige Bestattung in einem geschützten Bestat­tungs­vor­sor­ge­vertrag 4.000 Euro angemessen seien. In dieser Höhe sei der Bestat­tungs­vor­sor­ge­vertrag anrechnungsfrei.

Als Bestat­tungs­vorsorge dienendes angemessenes Vermögen ist als unzumutbare Härte anzusehen

Die Klage gegen den Vermö­gen­s­einsatz in Höhe von 587,09 Euro hatte Erfolg. Das Sozialgericht Gießen stellte zunächst fest, dass das Anliegen von Menschen, bereits zu Lebzeiten für die Zeit nach dem Tod vorzusorgen, hinsichtlich der Art und Weise der Bestattung durch Bestat­tungs­vor­sor­ge­verträge ermöglicht werde. Es sei mittlerweile hinreichend anerkannt, dass die Verwertung eines angemessenen Vermögens, das der Bestat­tungs­vorsorge diene, als unzumutbare Härte anzusehen sei. Der Gesetzgeber habe deshalb eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für nicht erforderlich gehalten.

Angemessenheit hat sich an Besonderheit des Einzelfalles zu orientieren

Bestat­tungs­vor­sor­ge­verträge seien dann nach § 90 Abs. 3 SGB XII geschützt, wenn sie angemessen seien. Hinsichtlich der Bestat­tungs­vor­sor­ge­verträge sei zur Bestimmung der Angemessenheit die örtlichen Preise für eine Bestattung und die Beurteilung der Wünsche des Vorsorgenden entscheidend. Die Angemessenheit habe sich nach der Besonderheit des Einzelfalles zu orientieren (§ 9 SGB XII), insbesondere unter Berück­sich­tigung der persönlichen und örtlichen Verhältnisse sowie nachvoll­ziehbare Wünsche. Zur Bestimmung der Angemessenheit einer Bestat­tungs­vorsorge sei zunächst auf die Kosten abzustellen, die die örtlich zuständige Behörde als erforderliche Kosten der Bestattung nach § 74 SGB XII zu übernehmen habe. Dieser Grundbetrag sei bis zur Grenze der Angemessenheit zu erhöhen. Hierbei dienten die Kosten einer durch­schnitt­lichen Bestattung als Richtschnur. Bereits die Kosten für eine einfache Bestattung beliefen sich im Bundes­durch­schnitt auf ca. 5.000 Euro. Die Festlegung eines Betrages sei vor dem Hintergrund der an dem Einzelfall orientierten Definition des Begriffs der Angemessenheit, die auch die konkreten Fried­hofs­ge­bühren berücksichtigen müsse, kaum möglich, liege jedoch keinesfalls unter 5.000 Euro.

Quelle: Sozialgericht Gießen/ra-online

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