21.11.2024
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Sozialgericht Dresden Beschluss29.03.2017

Akut an Brustkrebs erkrankte Patientin darf mit neuartiger Chemotherapie behandelt werdenWirtschaftliche Interessen der Krankenkasse müssen hinter Schutz des Lebens der Patientin zurücktreten

Das Grundrecht auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes kann es gebieten, dass einer Patientin die Behandlung mit einer neuartigen Chemotherapie zugesprochen wird, auch wenn noch nicht feststeht, dass das Medikament für diese Behandlung zugelassen werden kann und sicher wirksam ist. Das hat das Sozialgericht Dresden am 29. März 2017 entschieden.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die 48 Jahre alte Antragstellerin erkrankte 2008 an einer aggressiven Form von Brustkrebs. Nach einer Operation wurde sie mit Chemotherapie und Bestrahlung behandelt. Dennoch bildeten sich immer wieder Metastasen. Ihr Arzt schlug 2017 die Behandlung mit Pertuzumab im Rahmen einer Kombi­na­ti­o­ns­therapie vor.

Zulassung für "further-line-Therapie" mit Medikament noch nicht vorhanden

Die AOK Plus lehnte die Übernahme der Kosten ab. Pertuzumab ist in Europa seit 2013 zugelassen. Die Zulassung ist allerdings beschränkt auf Fälle, in denen noch keine vergleichbare Behandlung statt fand (sogenannte "first-line"). Für die sogenannte "further-line-Therapie" fehlt eine Zulassung. Da die Antragstellerin bereits seit 2008 mit Chemotherapie behandelt wird, war eine first-line-Behandlung nicht mehr möglich. Die Antragstellerin beantragte den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Sozialgericht.

Akut lebens­be­droh­licher Zustand der Klägerin lässt keine Zeit zum Einholen weiterer Gutachten

Das Sozialgerichts Dresden gab dem Eilantrag statt. In der Kürze der Zeit war nicht aufzuklären, ob die von der Krankenkasse vorgeschlagene Chemotherapie mit zugelassenen Medikamenten gleichwertig ist. Die vom Gericht befragten Ärzte bestätigten, dass die Antragstellerin von der further-line-Behandlung mit Pertuzumab in Dreier­kom­bi­nation profitieren könnte. Ob diese Einschätzung zutrifft, könnte nur durch einen Obergutachter geklärt werden. Dazu fehlte wegen des akut lebens­be­droh­lichen Zustandes der Klägerin allerdings die Zeit. Unter diesen Umständen mussten die wirtschaft­lichen Interessen der Krankenkasse hinter dem Schutz des Lebens der Antragstellerin zurücktreten.

Quelle: Sozialgericht Dresden/ra-online

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