Sozialgericht Augsburg Beschluss19.01.2010
SG Augsburg: Transparenzbericht über Pflegeheim darf im Internet veröffentlicht werdenGesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung zur Veröffentlichung im Internet verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
Das Sozialgericht Augsburg hat den Antrag eines schlecht benoteten Pflegeheimes abgelehnt, das die Veröffentlichung des Transparenzberichtes im Internet vorläufig untersagen lassen wollte.
Im Jahr 2008 reagierte der Gesetzgeber auf die anhaltende öffentliche Kritik an den Zuständen mancher Pflegeheime. Eine Maßnahme zur Steigerung von Qualität und Transparenz in der Pflege war die Einführung des " Pflege - TÜV's". Ohne vorherige Anmeldung prüft und benotet der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) stationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegeanbieter anhand vorab definierter und in Pflege - Transparenzvereinbarungen festgehaltenen Kriterien. Der über die Prüfung erstellte Bericht (Transparenzbericht) wird veröffentlicht. Über ihre Verbände wirken die Pflegeheime an der Entwicklung der in den Transparenzvereinbarungen niedergelegten Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität mit. Sie sind Vertragspartner dieser Verträge.
Pflegeheim fühlt sich in Grundrechten verletzt und gegenüber anderen Heimen benachteiligt
In dem vom Sozialgericht Augsburg nun entschiedenen Fall hatte der MDK das im nördlichen Schwaben gelegene Heim insgesamt mit "Ausreichend" bewertet. In den Bereichen Pflege und medizinische Versorgung sowie Umgang mit demenzkranken Bewohnern vergab er ein "Mangelhaft". Die Bewohner selbst vergaben die Note "Sehr gut". Als fehlerhaft und wahrheitswidrig kritisierte das Heim diesen Bericht. Durch die Veröffentlichung würde es im Wettbewerb gegenüber Pflegeheime, bei denen noch keine Prüfung stattgefunden habe benachteiligt und in seinen Grundrechten verletzt.
Konkurrenzsituation der Pflegeheime muss hinter überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit zurücktreten
Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht. Angesichts der in der Vergangenheit gerügten Missstände in Pflegeheimen sei die Veröffentlichung der Berichte nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich um auf schnelle Art und Weise Transparenz herzustellen. Die Öffentlichkeit habe daran ein überwiegendes Interesse, hinter dem das des Heimes an einer Beibehaltung der bisherigen Konkurrenzsituation zurücktrete. Die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Verpflichtung zur Veröffentlichung der Berichte im Internet sei verfassungsrechtlich daher nicht zu beanstanden. Berechtigte Interessen der Pflegeheimen werden - so das Gericht - dadurch gewahrt, dass sie die Möglichkeit haben, vor Veröffentlichung des Transparenzberichts Kommentierungen anzufügen, die zusammen mit den Bericht veröffentlicht werden. Insgesamt sind wesentliche wirtschaftliche Nachteile für ein schlecht benotetes Haus kaum denkbar. Denn zum einen werden die Prüfungen jährlich vorgenommen und ein weniger gut bewertetes Heim hat zudem das Recht eine Wiederholungsprüfung zu beantragen, deren Ergebnis wiederum veröffentlicht wird. Ihm wird damit zeitnah die Möglichkeit eröffnet Änderungen und Besserungen seit dem letzten Bericht publik zu machen und gegebenenfalls seine Konkurrenzsituation zu verbessern. Das klagende Heim hat bereits eine Wiederholungsprüfung beantragt.
Weitere Entscheidung zur Veröffentlichung von Transparenzberichten
In einem ähnlich gelagerten Fall hatte das Sozialgericht München vor kurzem dem klagenden Pflegeheim Recht gegeben und die Veröffentlichung des Transparenzberichtes vorläufig untersagt. Andere Sozialgerichte gelangten demgegenüber zu einem abweichenden Ergebnis. Wie auch das Sozialgericht Augsburg haben die Sozialgerichte in Bayreuth, Regensburg und Würzburg die Publizierung der Berichte zugelassen. "Das Wohlergehen der Pfleglinge, also der Schutz von Leib und Leben, ist ein hohes Gut, dass der Hinausschiebung der Veröffentlichung der Pflegenoten vorgeht" (vgl. Sozialgericht Bayreuth, Beschluss v. 11.01.2010 - S 1 P 147/09 ER -).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.02.2010
Quelle: ra-online, SG Augsburg