18.10.2024
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Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt Beschluss01.10.2012

Freie Wahl des Bildungsganges durch gestärktes ElternrechtEltern erreichen mit Eilantrag die Aufnahme ihres Kindes an der Wunsch-Schule, nachdem dieser im Losverfahren ausschied

Dem Eilantrag eines Grundschülers mit dem Ziel, eine Beschulung an einer der beiden Integrierten Gesamtschulen in Magdeburg zu erreichen, ist stattzugeben. Nach den Regelungen des Schulgesetzes im Rahmen des Bildungsweges sind die Eltern dazu berechtigt, die Schulform sowie den Bildungsgang für ihr Kind auszuwählen. Dies entschied das Oberver­wal­tungs­gericht.

In dem zugrunde liegenden Fall hatten die Eltern eines Grundschülers vor Beginn des Schuljahres 2012/2013 die Aufnahme ihres Kindes in die 5. Klasse an einer der beiden Integrierten Gesamtschulen in der Landes­hauptstadt Magdeburg beantragt. Nachdem mehr Anmeldungen eingingen als Plätze an den beiden Gesamtschulen vorhanden waren, hatte die Landes­hauptstadt Magdeburg ein Losverfahren durchgeführt, in dessen Folge der Schüler keinen Platz an einer Gesamtschule, sondern nur einen Platz an einem Gymnasium erhielt, welches von den Eltern des Schülers nur als nachrangiger Wunsch angemeldet worden war.

Ziel der Geset­ze­s­än­derung war es, eine möglichst gleichmäßige Auslastung der Schulen zu erreichen

Dem Eilantrag mit dem Ziel, eine Beschulung an einer der beiden Integrierten Gesamtschulen in Magdeburg wurde stattgegeben.

Das Oberver­wal­tungs­gericht hat zur Begründung ausgeführt, dass nach den Regelungen des Schulgesetzes* die Eltern im Rahmen der Regelungen des Bildungsweges die Wahl zwischen den Schulformen und Bildungsgängen haben, welche zur Verfügung stehen. Zwar habe der Landes­ge­setzgeber durch eine Geset­ze­s­än­derung im Jahr 2008 den Schulträgern die Möglichkeit eröffnet, auf die Bestimmung von Schulein­zugs­be­reichen zu verzichten und stattdessen Kapazitätsgrenzen für die verschiedenen weiterführenden Schulen (Sekundarschule, Gymnasium, Gesamtschule) festzusetzen. Mit dieser Regelung sollten jedoch nur schul­or­ga­ni­sa­to­rische Belange, insbesondere eine möglichst gleichmäßige Auslastung der Schulen eines Bildungsganges bzw. einer Schulform im Gebiet des Schulträgers und die verfas­sungs­rechtlich geschützten Interessen von Eltern und Schülern in Einklang gebracht werden. Der Schulträger könne z. B. ein Losverfahren durchführen mit der Folge, dass ein Schüler nicht sein „Wunschgymnasium“ im Gebiet eines Schulträgers, sondern ein anderes Gymnasium in diesem Gebiet besuchen müsse. Nach Auffassung des Senats ist den gesetzlichen Regelungen jedoch nicht zu entnehmen, dass den Schulträgern entweder durch die Bestimmung von Schulein­zugs­be­reichen bzw. Kapazi­täts­grenzen die Befugnis eingeräumt werden sollte, das gesetzliche Elternrecht auf freie Wahl des Bildungsweges zu beschränken. Insofern könne der Schüler hier nicht darauf verwiesen werden, anstelle einer Gesamtschule ein Gymnasium zu besuchen.

Erschöpfung der Aufnah­me­ka­pazität an der bevorzugten Gesamtschule konnte nicht festgestellt werden

Soweit die Landes­hauptstadt Magdeburg ausgeführt hatte, dass nach einem von ihr beschlossenen Schul­ent­wick­lungsplan und nach Verwal­tungs­vor­schriften des Kultus­mi­nis­teriums die Kapazi­täts­grenzen erschöpft seien, hat das Oberver­wal­tungs­gericht ausgeführt, dass diese lediglich verwal­tungs­in­ternen Vorschriften nicht geeignet seien, den gesetzlichen Anspruch auf Wahl des Bildungsganges bzw. der Schulform zu beschränken. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat zudem nicht feststellen können, dass die Aufnah­me­ka­pazität an der gewünschten Gesamtschule wegen eines Raum- und Platzmangels bereits erschöpft ist.

*§ 34 des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

(1) Die Erzie­hungs­be­rech­tigten haben im Rahmen der Regelungen des Bildungsweges die Wahl zwischen den Schulformen und Bildungsgängen, die zur Verfügung stehen...

(2) Die Erzie­hungs­be­rech­tigten wählen entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten ihrer Kinder den weiteren Bildungsgang nach dem 4. Schuljahrgang. Bildungsgänge der Sekundarstufe I sind die Sekundarschule, das Gymnasium und die Gesamtschule.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt/ra-online

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